Ratingen: „Die Quittung gibt’s bei der Wahl“

Das Abstimmungsergebnis im Stadtrat war gestern Hauptthema auf den Straßen. Die Stimmung: zwischen Freude und Ärger.

Ratingen. Am Tag nach der Rathausabstimmung ist der Sommer nach Ratingen zurückgekehrt. Es könnte ein entspannter und sonniger Tag werden. Doch gut gelaunt sind nicht alle Ratinger an diesem Morgen.

Auf dem Marktplatz und an der Supermarktkasse, beim Bäcker, Metzger und vor der Apotheke - beinahe überall wird über das Abstimmungsergebnis im Rat diskutiert. Dabei schwankt die Stimmung zwischen Freude und Ärger. "Ich finde, das ist eine Riesensauerei!" Ute Berns hat in der Frühe aus der Zeitung erfahren, wie der Rat in Sachen Rathaus entschieden hat. Sie ist enttäuscht, dass die Ergebnisse der beiden Bürgerentscheide keine Wirkung gezeigt haben. "Die entscheiden einfach über unseren Kopf hinweg."

Ähnlich sieht es Alfons Golissa. "Die Quittung kriegen sie dafür noch", formuliert er in Richtung Lokalpolitiker. Eine Partei sieht er dabei ganz deutlich als diejenige, die sich nicht um den Bürgerwillen schert. "Die Bürger Union." Doch auch den anderen beiden großen Parteien müsse man einen Vorwurf machen. Die Konsequenz aus der Entscheidung - nämlich Abriss und Neubau des Rathauses - hält er für unvernünftig. "Man kann doch nicht Häuser, die 30 Jahre sind, einfach abreißen. Wie wär’s denn mal mit renovieren - und nicht erst dann, wenn’s fast zu spät ist."

Verständnis für die Abrissbefürworter hat inzwischen Susanne Brüninghaus. Die junge Frau gibt zu: "Ich war zuerst gegen den Abriss." Dann aber hätten Gespräche mit Mitarbeitern im Rathaus sie zweifeln lassen. "Das Arbeiten da ist ja dort wirklich nicht toll." Allerdings klingt sie resigniert, als sie kritisiert, dass die Lokalpolitiker in ihrer Abstimmung zu einem anderen Ergebnis gekommen sind als die Bürger in zwei Entscheiden. "Aber wenn’s denn wenigstens ein schönes neues Rathaus wird. . ."

Geradezu froh, dass die Entscheidung endlich gefallen ist, zeigt sich Medy Richter. "Ich war immer für ein neues Rathaus. Das jetzige fand ich schon vor 30 Jahren, als ich nach Ratingen kam, total hässlich." Der Bau passe vom Stil her überhaupt nicht in die historische Innenstadt. "Und wenn man sich die Substanz anguckt - ein Neubau muss her."

Für einen Neubau ist inzwischen auch Hiltrud Oel. "Das war ich nicht immer", gibt sie zu. Doch sie hat sich informiert - und ist nun aus bautechnischen Gründen für den Abriss. "Eine Restaurierung wird immer teurer als veranschlagt und ist auch nur was für zehn Jahre." Nur der für das neue Rathaus vorgesehene Standort - der überzeugt sie gar nicht.

"Da wird das letzte Stück Grün in der Stadt zerstört", befindet auch Gustav Voss. Und: "Ein Rathaus gehört mitten in die Stadt." Deshalb, so findet er, soll es stehen bleiben. Allerdings ärgert er sich nicht allein über die Lokalpolitiker. "Das Wahlvolk hatte es selbst in der Hand - und ist zum zweiten Bürgerentscheid nicht mehr hingegangen. Selbst schuld."