Ratingen: Eine Behörde in Schockstarre
Bauamt: Der Korruptionsskandal hat erste personelle Konsequenzen. Verfrüht, meinen Kritiker. Das Arbeitsklima ist jedenfalls gestört.
Ratingen. "Die Stimmung? Miserabel!" So wie dieser Rathausmitarbeiter, der namentlich nicht genannt werden möchte, empfinden zurzeit viele Angestellte die Situation in der Stadtverwaltung. Andere bezeichnen die Atmosphäre im Rathaus mit Ausdrücken zwischen "gedrückt", "angespannt" und "explosiv".
Nachdem der millionenschwere Betrugsskandal im Hochbauamt ruchbar geworden ist, herrscht einerseits immer noch Entsetzen darüber, wie so etwas jahrelang unentdeckt geschehen konnte, andererseits machen sich aber auch Misstrauen und Verunsicherung breit: Kann mir auch etwas untergeschoben werden? Wie oft muss ich, wie genau kann ich überhaupt kontrollieren?
Nachdem Bürgermeister Harald Birkenkamp von Amts wegen und auf sein eigenes Betreiben hin gegen den Baudezernenten ein Disziplinarverfahren eingeleitet hat, wächst unter den Mitarbeitern die Angst, Fehler zu machen. Zur allgemeinen Verunsicherung trägt außerdem bei, dass der Bürgermeister jetzt schon weitere Konsequenzen aus dem Betrugsskandal ziehen will: Nach Informationen unserer Zeitung soll Hochbauamtsleiter Manfred Pannes in Zukunft nicht mehr auf seinem Posten arbeiten dürfen.
Da er aufgrund seiner langen Dienstzeit praktisch nicht kündbar ist, will Birkenkamp ihn zurückgestufen und im Rang eines Sachbearbeiters weiterbeschäftigen. Das würde für ihn eine jährliche finanzielle Einbuße von knapp 10000 Euro bedeuten. Sein Stellvertreter Rolf Bastian, zugleich städtischer Energieberater, soll sogar die Kündigung erhalten. Von seinen Aufgaben im Hochbauamt ist er freigestellt, als Energieberater jedoch aktiv - noch. Beide wollen juristisch gegen diese Maßnahmen vorgehen.
"Falls es dazu kommen sollte, werden wir postwendend die Stelle neu ausschreiben lassen. Ein Energieberater ist für eine Stadt wie Ratingen unverzichtbar", sagte Felix Gorris, umweltpolitischer Sprecher der Grünen.
Mit der gerade begonnenen Zusammenlegung von Hochbauamt mit dem Amt für Gebäudemanagement steht auch die Stelle von Amtsleiter Rolf Kopp zur Disposition. Nach WZ-Informationen soll Kopp als Abteilungsleiter in die Bauaufsicht wechseln soll, obwohl er dafür nicht die technische Qualifikation besitzt.
Die Reaktionen auf diese geplanten Personalien sind gespalten. Einerseits wird durchaus Verständnis für Birkenkamps Schritt geäußert, andererseits wundern sich viele über die Hektik und Art und Weise, wie diese Personalfragen behandelt werden. Sie sind vor allem nicht dazu angetan, Ruhe im Technischen Rathaus einkehren zu lassen. Ohne eigenen Dezernenten seien die Entscheidungswege jetzt länger geworden, klagte ein hochrangiger Angestellter. Vorlagen, die schon längst freigegeben sein sollten, sind noch immer im Umlauf.
Noch offen ist übrigens, wer langfristig das neu zusammengelegte Amt leiten soll. Gerd Wilms, der Interimsmann aus Düsseldorf, wohl kaum: Mit seiner Besoldungsgruppe B2 ist er fast so teuer wie ein Dezernent.