Ratingen: Jugendliche zocken wieder ab
Ein 13-Jähriger und ein Schüler (14) auf Klassenausflug wurden beraubt. Für die Opfer bricht oft die Welt zusammen.
Ratingen. Sie finden es "eigentlich nicht gut", dann aber doch "irgendwie schon fast normal". Unter Jugendlichen wird das "Abziehen" oder die "Abzocke" immer noch viel zu oft und verharmlosend als Kavaliersdelikt angesehen, das eben mal passiert. Für die Polizei, die laufend mit den Opfern zu tun hat, ist es dagegen nur eines: eine Straftat.
Gerade hat es wieder einen 13-jährigen Schüler erwischt: Der Junge wurde am Mittwochnachmittag am Ostbahnhof von zwei Jugendlichen angesprochen: Sie baten ihn um sein Handy, weil sie telefonieren wollten.
Nach dem Gespräch weigerten sie sich aber, das Mobiltelefon dem Jungen zurückzugeben. Auch als er darauf beharrte, es wiederzubekommen, rückten sie es nicht mehr heraus, stattdessen verpassten sie dem 13-Jährigen einen Faustschlag ins Gesicht und flüchteten.
Und am Donnerstag wurden Schüler einer Düsseldorfer Gesamtschule, die den Grünen See als Ziel ihre Schulausfluges gewählt hatten, Opfer eines Überfalles. Sie wurden im Bereich des Grillplatzes von zwei jungen Männern angesprochen, die frech behaupteten, bei den Jugendlichen eine "Handykontrolle" durchführen zu müssen.
Als die Schüler sich davon nicht beeindrucken ließen, rissen die Täter plötzlich einem 14-Jährigen seinen Brustbeutel mit rund fünf Euro Bargeld, Schülerausweis und Schokoticket vom Hals und flüchteten. Die Räuber waren etwa 18 bis 20 Jahre alt, einer circa 1,90 Meter groß und schlank, hatte schwarze gegelte Haare mit blonden Spitzen und mit schwarzer Lederjacke und heller Jogginghose bekleidet.
"Wir hatten jetzt längere Zeit Ruhe mit solchen Sachen", sagt der neue Kripochef Hardo Müller. Vielleicht, weil die Schulferien noch nicht so lange vorbei sind. Im vergangenen Jahr hatte die Polizei im Durchschnitt alle zwei Wochen so einen Fall auf dem Tisch - von Januar bis August wurden 23 "Raubdelikte auf der Straße" gezählt.
Im gleichen Zeitraum dieses Jahres sind es 17. Einen Brennpunkt gebe es in Ratingen jedoch nicht, sagte Müller. Für Staatsanwaltschaft und Gerichte sind diese Delikte kein Kleinkram: Bei Raub, Diebstahl, räuberischer Erpressung und oft auch Körperverletzung gibt’s kein Pardon.
Deshalb warnt Hardo Müller vor einer Verharmlosung - auch wenn der aktuelle Fall im streng juristischen Sinn kein Raub, sondern Diebstahl mit Körperverletzung sei. Unter Raub verstehen Juristen die Wegnahme einer Sache unter Gewalt.
Den Opfern sind derlei Definitionen schlicht egal. Sie leiden häufig noch lange Zeit unter den Eindrücken eines solchen Überfalls und müssen nicht nur mit dem wirtschaftlichen Schaden, sondern vor allem mit den psychischen Folgen klarkommen.
Müller: "Es hängt stark vom persönlichen Umfeld ab, wie gut man so etwas wegsteckt." Vor allem bei Kindern oder Jugendlichen, die aus einem eher behüteten Umfeld kommen, breche nach so einer Attacke die Welt zusammen.
Hilfe bekommen die Opfer bei den bekannten Organisationen und Einrichtungen: im Jugendamt, bei den Sozialdiensten, bei der Opferschutzberatung der Polizei oder beim "Weißen Ring."