Ratingen: Kurzes Warten auf Heimplätze
Alter: In Ratingen wird die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2020 steigen. Eines der größten Probleme wird die Zunahme der Demenzkranken sein.
Ratingen. Immer wenn Gerlinde Ochsenfeld in ihrem Rollstuhl an den Frühstückstisch gefahren wird, fängt sie an zu schreien - stundenlang, dann schlägt sie noch mit der Hand auf die Tischplatte - immer wieder, ohne aufzuhören.
Die 86-Jährige ist demenzkrank und lebt in einem Pflegeheim. Zu Hause konnten die Angehörigen sie nicht mehr alleine betreuen. Denn mit ihrer fortgeschrittenen Demenz braucht sie professionelle Betreuung rund um die Uhr.
Fälle wie der von Gerlinde Ochsenfeld werden in Ratingen immer häufiger werden. Schon jetzt bemerken Heimleiter und ambulante Pflegedienste eine Zunahme von Patienten mit Alzheimer und Demenz. Und im 2020 werden es noch mehr sein. Der Grund: Mit der Zunahme der alten Leute, nimmt auch die Zahl derjenigen zu, die an einer Demenzerkrankung leiden. Laut Statistik der Stadt wird die Zahl der über 80-Jährigen in Ratingen im Jahr 2020 sich rund 8000 mehr als verdoppeln. (wir berichteten).
Der demographische Wandel und seine Folgen für die Pflege beschäftigt auch Andreas Hagemann, Leiter des Wichernheims. "Das Thema Demenz wird in Zukunft eine der größten Herausforderung für uns sein", sagt er. Besonders die Altenpfleger müssten durch Fortbildungen und Zusatzausbildungen besser qualifiziert werden, um mit den Verhaltensweisen demenzkranker Bewohner umgehen zu können. Denn auch für sie sei es trotz ihrer Professionalität nicht immer leicht permanentes Schreien, Klopfen und Umherlaufen auszuhalten.
Bei der Versorgung der älteren Menschen in Zukunft mit einem Heimplatz - auch derjenigen, die zwar pflegebedürftig sind, aber nicht demenzkrank - sieht der Leiter des Wichernheims keine Probleme in Ratingen. "Die Zahl der Heimplätze wurde in den vergangenen Jahren um rund 25 Prozent aufgestockt. Daher sind die Wartelisten auch nicht mehr so lang".
Dies bestätigt der Leiter des Seniorenheims am St. Marienkrankenhaus und des Marienhofs, Horst Ramm. So stünden beim Marienhof beispielsweise gerade einmal fünf Leute auf der Liste. "Die Zeiten der langen Wartelisten, wie sie einmal früher waren, sind vorbei."
Im Haus Salem warten im Schnitt rund 20 ältere Menschen auf einen Heimplatz. Die Wartedauer beträgt rund eineinhalb Monate. "Das Heim wird aber in Zukunft ein Auslaufmodell sein. Andere Formen der Pflege und Betreuung wie Wohngemeinschaften und Mehrgenerationenhäuser werden immer mehr gefragt sein", sagt Heimleiter Frank Hohl.
Grund zu Sorge haben er und seine Kollegen aber nicht. So lautet der Tenor, dass es Pflegebedürftige immer geben wird, sie kommen halt nur viel später und viel kränker ins Heim als das früher der Fall war. Das weiß auch die Leiterin des Evangelischen Alten- und Pflegeheims an der Rosenstraße, Ingrid Relijc. Aber sie spricht im Gegensatz zu Ihren Kollegen von "Existenzssorgen, die Heime plagen". "Immer weniger Menschen wollen in ein Heim. Viele geben der ambulanten Pflege zu Hause", sagt sie.
In der Caritas-Station hat man diesen Trend in den vergangenen fünf Jahren bereits bemerkt. "Es ist in der Tat so, dass immer mehr Menschen ambulant versorgt werden wollen, und dann auch sehr lange unsere Kunden bleiben", sagt die Leiterin der Pflegestation Roswitha Witt.
An den hohen Kosten für einen Heimplatz kann es aber nicht liegen, warum Leute der Pflege zu Hause den Vorzug geben. Denn die ist nicht unbedingt günstiger. So klärt die Leiterin der Caritas-Pflegestation auf: "Das Pflegegeld deckt nicht die Kosten für eine Betreuung zweimal am Tag über einen ganzen Monat." Viele der Angehörigen müssten noch aus dem eigenen Geldbeutel etwas drauflegen, wenn sie eine Rundumversorgung zu Hause wollen.