„Unser Kernproblem: Die Aufwendungen müssen runter“
Kämmerer und Beigeordneter Rainer Ritsche sieht die Ausgaben als großes Risiko für den Haushalt. Er glaubt, dass weitere Leistungen und Standards abgebaut werden müssen.
Kämmerer oder 1. Beigeordneter: Welchen „Hut“ tragen Sie vor allem?
Ritsche: Da bei fast allen Entscheidungen finanzielle Belange betroffen sind und ich mich auch aufgrund meiner eigenen familiären Situation insbesondere für den Erhalt von Zukunftsperspektiven unserer Kinder einsetze, muss ich mir leider meistens den Kämmererhut aufsetzen und die Rolle des Mangelverwalters annehmen. Die Gestaltungsoptionen der Wülfrather Verwaltung sind angesichts noch nicht ausgeglichener Haushalte und andauernden Eigenkapitalverzehrs leider sehr stark eingeschränkt.
Wie sehen Sie Ihre Rolle als stellvertretender Verwaltungsschef?
Ritsche: Ich sehe sehe eine besondere Verpflichtung gegenüber dem Rat und damit den Bürgern, aber auch gegenüber den Beschäftigten. Mit Sorge beobachte ich die Arbeitsverdichtung im Hause, die aufgrund des Personalkosteneinsparungsbeschlusses des Rates mittelfristig anhalten wird. Hier müssen wir ganz besonders darauf achten, dass es in einzelnen Bereichen nicht zu einer Überforderung von Mitarbeitern kommt.
Mit Blick auf die Haushaltssicherung: Was birgt die größeren Risiken? Die Ertrags- oder die Aufwandsseite?
Ritsche: Meines Erachtens ergeben sich die höheren Risiken eher auf der Aufwandsseite, da diese in wesentlichen Positionen nicht zu beeinflussen ist. So werden wir wahrscheinlich aufgrund relativ starker Umlagegrundlagen für das Jahr 2012 über zwei Millionen Euro mehr an Kreisumlage einkalkulieren müssen als für 2011.
Außerdem gilt Wülfrath in der Betrachtung des Landes als ertragsstarke Kommune. Das heißt, unsere Steuerkraft sollte ausreichen, die Aufwendungen ohne Schlüsselzuweisungen zu decken. Hier zeigt sich unser Kernproblem: Die Aufwendungen müssen runter. Ohne den Abbau von Leistungen und Standards wird das nicht funktionieren.
Wann werden Sie den Haushaltsplanentwurf 2012 einbringen?
Ritsche: Der Haushaltsplanentwurf 2012 wird im März in den Rat eingebracht. Grund hierfür ist, dass der Kreis selbst angekündigt hat, Ende Februar seinen Nachtrag zum Haushalt 2012 in den Kreistag einzubringen. Da wir sehr stark von der Kreisumlage abhängig sind, macht es Sinn, auf einer gefestigten Datenlage aufzusetzen.
Werden Sie neue Sparvorschläge im Interesse der Konsolidierung machen?
Ritsche: Sicher wird das Haushaltskonsolidierungskonzept weiterentwickelt und es werden neue Sparvorschläge in die Diskussion zum Haushalt eingebracht werden. Einzelheiten möchte ich zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht verraten.
Erst Aushilfe, jetzt Beigeordneter: Wie fällt Ihre persönliche Bilanz 2011 aus?
Ritsche: Mit dieser Entwicklung habe ich nicht gerechnet. Es freut mich aber sehr, dass der Rat mehrheitlich mit meiner bisherigen Arbeit zufrieden zu sein scheint.
Worin sehen Sie Wülfraths Zukunftschancen?
Ritsche: Gemeinschaftlich an einem sozialverträglichen Abbau von Standards zu arbeiten. Die Anerkennung und Stärkung des Ehrenamtes halte ich in Zeiten, in denen sich die Stadt aufgrund der schlechten Finanzlage zunehmend aus der finanziellen Unterstützung von Verbänden und Vereinen zurückziehen muss, für besonders wichtig. Wir haben da bereits viele Beispiele in der Stadt, einige sind ja im vergangen Frühjahr im Paul-Ludowigs-Haus ausgezeichnet worden. Natürlich wäre es auch ein Glücksfall, wenn sich zum Beispiel einige besonders wohlhabende potenzielle Erblasser entschließen würden, einen Teil ihres Vermögens in den Kapitalstock einer Stiftung einzubringen, die das Gemeinwesen oder soziale Projekte mit ihren Zinserträgen fördert.