Wülfrath: Tedrive entlässt 280 Mitarbeiter
Die Belegschaft reagiert geschockt. Die IG Metall kündigt Gegenwehr an.
Wülfrath. Die schlimmsten Befürchtungen haben sich bewahrheitet. Der Wülfrather Automobilzulieferer Tedrive will sich bis 2010 von 280 Mitarbeitern trennen. Das heißt: Mehr als zwei Drittel der 675 Stellen an der Henry-Ford-II.-Straße fallen dem Rotstift zum Opfer.
Begründet wurde der radikale Schnitt von der Geschäftsführung mit Umsatzeinbrüchen am Standort Wülfrath von 40 bis 50 Prozent. "Es ist absehbar, dass sich der Umsatz auf ein deutlich niedrigeres Niveau in Höhe von etwa 95 bis 110 Millionen Euro einpendeln wird", hieß es am Freitag in der offiziellen Presseerklärung.
Um 14 Uhr teilte Wülfraths Tedrive-Chef Nils-Johann Fleck der Belegschaft die Entscheidung bei einer "Informationsveranstaltung" mit. Die Leute hatten zwar mit schlechten Nachrichten gerechnet, nicht aber in diesem Ausmaß.
Schockiert und sprachlos nahmen sie die Worte ihres Chefs zur Kenntnis, um aber nur wenige Minuten später ein Zeichen zu setzen. Kaum hatte Fleck seine Hiobsbotschaft überbracht, verließen die Mitarbeiter geschlossen den Saal.
"Wir konzentrieren uns jetzt voll auf die Betriebsversammlung, die wir für Donnerstag angesetzt haben", erklärt Michele Dattaro, der 1. Bevollmächtigte der IG Metall.
"Die Gewerkschaft steht zu hundert Prozent hinter der Belegschaft. Diese Entscheidung ist absolut unverständlich." Zwar sei schon länger gemunkelt worden, dass etwas passiere, "aber nicht das", schimpft Dattaro. "Für uns geht es jetzt einzig und allein darum, die Arbeitsplätze zu erhalten.
Sie sind wichtig für den Standort Wülfrath, für unsere Region. Und wir werden alles in unserer Macht Stehende dafür tun." Von einem Sozialplan oder Interessensausgleich für die Betroffenen will der Gewerkschafter noch nichts wissen.
Geschockt ist auch Bürgermeisterin Barbara Lorenz-Allendorff, die kurz vor der Versammlung von der Unternehmensführung informiert wurde. "Eine bedrückende Entscheidung", findet die Verwaltungschefin.
"An die Konsequenzen für die Familien mag ich noch gar nicht denken." Apropos: Welche Auswirkungen das Ganze auf die Gewerbesteuereinnahmen habe, sei noch nicht abzusehen. "Das wird uns jetzt intensiv beschäftigen."
"Uns ist die Entscheidung nicht leicht gefallen", sagt Nils-Johann Fleck, der seinen Posten erst zum 1. Oktober angetreten hatte und "sich einen anderen Einstand gewünscht" hätte. "Aber es war nicht zu vermeiden."
Zwei wesentliche Faktoren macht er für den Volumenrückgang in Wülfrath verantwortlich. Zum einen, und das sei bereits zum Zeitpunkt der Tedrive-Gründung bekannt gewesen, habe man im Zeitraum 2008 bis 2010 eine Auftragsdelle zu bewältigen.
"Denn in den Jahren vor der Gründung von Tedrive hatte man sich nicht ausreichend um Folgeaufträge für den Standort bemüht." Inzwischen seien zwar neue Aufträge für die Lenkungssparte erzielt worden, einsetzen würden sie aber erst 2010/2011.
"Zum anderen", so Fleck, "liegen jetzt bei den laufenden Projekten die Produktionsstückzahlen hinter Plan. Grund dafür ist die schwache Automobilkonjunktur, die sich durch die Finanzkrise noch verschlechtert hat."