Energiewende im Kreis Viersen Hier läuft die „Windader West“

Kreis Viersen · Sie soll sauberen Windstrom zu acht Millionen Menschen in NRW bringen: Die „Windader West“ führt auch durch den Kreis Viersen. Wann steht die genaue Trasse fest? Und müssen Landwirte mit Einschränkungen rechnen?

Aktuell gibt es verschiedene Ideen für den Trassenverlauf von Amprion (gelbe Linien). Ende des Jahres beschließt die Bezirksregierung dann endgültig einen Trassenkorridor.

Foto: Amprion

Damit der von Windkraftanlagen in der Nordsee produzierte Öko-Strom zu den Haushalten in NRW gelangen kann, soll im Kreis Viersen in fünf Jahren mit dem Bau einer großen Stromtrasse begonnen werden. Der Trassenverlauf der „Windader West“ durch den Kreis Viersen und die Auswirkungen der mächtigen Erdkabel auf landwirtschaftliche Betriebe waren am Dienstagabend Thema im Ausschuss für Planung, Bauen und Infrastruktur des Kreises. Dort beantwortete Projektsprecher Linus Dahm vom Übertragungsnetzbetreiber Amprion auch die Frage, wann und wie sich Bürger einbringen können.

Bereits bis zum Jahresende soll der Trassenverlauf im Kreis Viersen feststehen, kündigt Dahm an. Die vier Gleichstromleitungen, die in der „Windader West“ gebündelt werden, sollen Strom für acht Millionen Menschen bereitstellen. In Betrieb gehen sollen die vier Erdleitungen nach und nach von 2032 bis 2036.

Aktuell gibt es mehrere Alternativen für die jeweils 670 Meter breiten Trassenkorridore durch den Kreis Viersen. „Im Mai beginnt die Raumverträglichkeitsprüfung, bei der geschaut wird, was für und was gegen die verschiedenen möglichen Trassenkorridore spricht“, erklärt Dahm. Dazu werden auch die Träger öffentlicher Belange – Kommunen, Energieversorger, Umweltverbände – gehört, und auch die Bewohner des Kreises Viersen können sich einbringen. „Im Juni kommen wir auf Infotour in den Kreis Viersen“, kündigt Dahm an. Dort seien zwei Infoveranstaltungen für Bürger geplant. Nach Abwägung aller Stellungnahmen wird die Bezirksregierung bis Jahresende den Trassenverlauf festlegen.

Vor wenigen Tagen hat Amprion mit der Umweltkartierung begonnen. „Wir schauen in den möglichen Korridoren für die Windader West, wo Brutvögel nisten etc.“, erklärt Dahm. Das helfe dann bei der Planung der Feintrasse. Denn die Erdleitung selbst wird nur etwa ein Zehntel des Korridors einnehmen. „Das wird ein etwa 65 Meter breiter Streifen. Da zählt aber auch die Fläche dazu, die wir für den Bodenaushub brauchen oder für Baustraßen. Der Kabelgraben selbst wird etwa fünf Meter breit.“ Macht bei vier Kabeln eine Gesamtbreite für die Leitungen von 20 Metern plus entsprechende Abstände zwischen den einzelnen Erdkabeln.

Welche Auswirkungen haben die Erdkabel auf die Landwirtschaft? Diese Frage war den Mitgliedern im Kreisausschuss wichtig. „Eine landwirtschaftliche Nutzung ist auch dort möglich, wo das Erdkabel liegt“, betont Dahm. „Die Kabel werden in einer Tiefe von 1,60 bis 1,80 Meter liegen; Feldversuche hätten ergeben, dass es keine Mindererträge bei der Ernte gebe. „Wir werden beim Bau der Leitung ein Bodenschutzkonzept zugrunde legen“, erläutert Dahm. „Das bedeutet: Die verschiedenen Bodenschichten werden alle einzeln entnommen, getrennt gelagert und anschließend, nach Verlegung der Leitung, auch wieder in der richtigen Reihenfolge in die Erde gebracht.“

Eine weitere Frage, die im Ausschuss gestellt wurde: Warum muss es eigentlich eine Gleichstromleitung sein, wenn doch in den Haushalten Wechselstrom genutzt wird? Dahm: „Beim Transport über lange Strecken wie im Fall der Windader West, die ja bis zu 700 Kilometer lang wird, entstehen Verluste. Bei Wechselstrom würden sie bei mehr als 25 Prozent liegen, beim Gleichstrom liegen sie bei weniger als fünf Prozent.“

Mit hohen Kosten wird
derzeit gerechnet

Und wie teuer wird das Projekt? Eine Kostenschätzung sei in diesem frühen Stadium schwierig, so Dahm. Schließlich stehe ja der Trassenverlauf noch gar nicht fest. „Grundsätzlich ist es aber so, dass es ein sehr enger Markt ist, und es aktuell sehr viel Nachfrage nach Erdkabeln gibt.“ Übersetzt: Durch die hohe Nachfrage werden die Preise eher höher liegen. Bezahlt wird die Netzinfrastruktur von den Stromverbrauchern über die sogenannte Offshore-Netzumlage. Die hatte die Bundesnetzagentur für dieses Jahr auf 0,65 Cent pro Kilowattstunde Strom festgesetzt.