Anwohner kämpfen gegen Halteverbot im Wendehammer

Die Stadt hat an der Albert-Schweitzer- Straße das Parkverbot eingerichtet — auf Hinweis eines Anwohners. Doch nicht alle Nachbarn finden das gut.

Foto: Knappe

Viersen. In einem Punkt sind sich die Kontrahenten einig: Keiner hätte je geglaubt, dass ein einzelnes Halteverbotsschild in einem Wendehammer in einem Wohngebiet so viele Menschen über mehr als zwei Jahre beschäftigen kann. „Es ist wie ein Schildbürgerstreich“, sagt Bert-Peter Consoir (70), Anwohner der Albert-Schweitzer-Straße. Mit einigen Nachbarn streitet er dafür, dass das Halteverbotsschild im Wendehammer der Straße wieder verschwindet.

Den Anfang nahm das Rangeln um das unrühmliche Schild 2015: Ein Anwohner der Albert-Schweitzer-Straße teilte der Stadt mit, dass die Müllwagen beim Wenden über die Gehwege fahren müssten, weil Autos im Wendehammer parkten. Die Stadt Viersen besah sich daraufhin die Lage, und am 12. August 2016 wurde ein Halteverbotsschild aufgestellt.

Sehr zur Überraschung einiger anderer Anwohner wie Bert-Peter Consoir und Hans Schrödter. Verärgert schrieben sie der Stadt, dass es seit den 1960er-Jahren im Wendehammer keine Verkehrsbehinderung gebe und dass sie die Aufstellung des Schildes nicht nachvollziehen könnten. „Die Stadt ist einer falschen Informationen aufgesessen. Die Müllfahrzeuge müssen zum Wenden nicht über die Gehwege fahren. Sonst sähen unsere Bürgersteige ganz anders aus“, sagt Consoir.

Nach dem ersten Meinungsaustausch änderte die Stadt am 5. Dezember 2016 das absolute in ein befristetes Halteverbot für Werktage von 6 bis 16 Uhr. Damit aber gaben sich die Anwohner nicht zufrieden. Sie argumentierten weiterhin, dass das Halteverbot zu Lasten der Anwohner der Albert-Schweitzer-Straße 22 bis 34 gehe. „Selbst wenn im Wendehammer geparkt wird, reicht ein einmaliges Zurücksetzen des Müllfahrzeugs zum Wenden“, sagt Consoir. Der Wirtschaftsprüfer und sein Nachbar Hans Schrödter (73) haben inzwischen den Wendehammer nahezu zur Wissenschaft erhoben. Sie informierten sich über die Definition der Schleppkurve und den Unterschied zwischen Zurücksetzen und Rückwärtsfahren. Die Unterlagen über das Halteverbotsschild im Wendehammer der Albert-Schweitzer-Straße füllen Aktenordnern mit Unterlagen und Briefwechseln. Drei Mal beschäftigte sich der Ordnungs- und Straßenverkehrsausschuss mit dem Thema. Gut sieben Mal rückte Thomas Ricker, Fachbereichsleiter Ordnung und Sicherheit der Stadt, zur Ortsbesichtigung aus.

Consoir machte sich einen Spaß daraus, Viersener Wendehämmer in vergleichbarer Größe mit dem Fahrrad abzufahren: „Ich habe 67 gleich große und kleinere Wendehämmer gefunden. An keinem gab es ein Halteverbotsschild. Die müssten dort dann auch aufgestellt werden.“

Da allerdings widerspricht der Fachbereichsleiter Ordnung und Sicherheit, Thomas Ricker, vehement: „Wir prüfen nicht von Amts wegen alle Wendehämmer. Dafür haben wir keine Zeit.“ Erst wenn es einen Anlass wie eine Beschwerde gebe, werde die Stadt aktiv. An der Albert-Schweitzer-Straße habe die Stadt dann tatsächlich Handlungsbedarf gesehen, so Ricker. „Wenn dort ein Auto im Wendehammer parkt, können die Müllfahrzeuge nicht in einem Zug wenden.“ Beim Zurücksetzen könnten Menschen gefährdet werden, weil dort ein Geh- und Radweg einmündet und auch öffentliche Gehwege sollten durch wiederholte Wendemanöver nicht beschädigt werden. „Das, was wir dort umgesetzt haben, ist ganz normales Straßenverkehrsrecht. In der Straße gibt es genügend Parkmöglichkeiten, und ich bin immer noch der Meinung, dass wir dort etwas Gutes getan haben“, sagt Ricker. Grundsätzlich gebe es auch noch die Möglichkeit, dass Anwohner ihre Tonnen zu einem Müllsammelpunkt schieben: „Das möchte ich aber keinem Bürger zumuten.“

Im Juli hat die Stadt das Halteverbot abermals weiter befristet: auf montags bis freitags, 6 bis 12 Uhr. Längst aber geht es den Anwohnern ums Grundsätzliche und nicht mehr um das eine Schild. Sie ärgern sich über den Anwohner, der die Stadt auf den Plan rief, und über die Stadtverwaltung. „Die Stadt ist auf unsere Argumente — zum Beispiel, dass bei uns einige Senioren und auch kranke Menschen wohnen — nicht eingegangen. Ich finde es respektlos, wie sie unsere Schreiben beantworten“, sagt Schrödter.

„Wir wollen, dass das Halteverbotsschild verschwindet — oder dass alle entsprechenden Wendehämmer ein Halteverbot-Schild bekommen“, sagt Consoir. Rund 3000 bis 4000 Viersener wären als Anwohner von Wendehämmern betroffen, rechnet er vor. Für die Stadt wäre das eine Mammutaufgabe, und das wäre dann die nächste Runde im Schild-Bürger-Streit.