Bewegender Abschied von Polizistin
1200 Menschen kamen zur Trauerfeier der 23-jährigen Polizistin, die auf der A 61 in Viersen getötet wurde.
Kreis Viersen/Gronau. Neben der hellen Urne am Altar brennt eine Osterkerze, das Zeichen für das Leben. Der Pfarrer trägt ein weißes Gewand, weiße Weihnachtssterne und Amaryllen schmücken die Pfarrkirche St. Agatha in Gronau (Westfalen). Zwei große mit rot-goldfarbenen Kugeln geschmückte Weihnachtsbäume rahmen das Bild ein. In der Kirche sind alle Lichter angeschaltet, alle Kerzen entzündet. Eine CD spielt Sarah Connors Lied „Das Leben ist schön“.
Rund 1200 Menschen sind zur Trauerfeier der auf der Autobahn 61 in Viersen getöteten 23-jährigen Polizistin in ihrer Heimatstadt im Westen des Münsterlands gekommen. Sie nehmen Abschied von der jungen Frau, die so unnütz gestorben sei, wie Pfarrer Thorsten Brüggemann sagt: „Aber wir wagen einen hoffnungsvollen Ausblick in die Zukunft.“ So hätte es die 23-Jährige gewollt: „Sie war so voller Lebensfreude und Lebensmut. Ihr Leben fing doch gerade erst an.“
Die Polizistin erlag am 27. Dezember an der Unfallstelle ihren schweren Verletzungen, nachdem ein betrunkener Lkw-Fahrer den Streifenwagen, in dem sie saß, gerammt hatte. Noch immer sind ihre Freunde und Kollegen geschockt. Bei der Trauerfeier richten vier ihrer Kollegen von der Polizeiwache Viersen, in der sie seit September 2016 eingesetzt war, das Wort direkt an die 23-Jährige: „Die Lücke, die du hinterlässt, wird nicht zu schließen sein. Mit deiner direkten und selbstbewussten Art hast du uns im Wahnsinn des Alltags stets ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Du hast mit Stolz den Stern auf der Schulter getragen. Du bist nicht mehr hier, aber du wirst immer bei uns sein.“
Liebevoll erinnert der Pfarrer an die junge Frau, „die gerade erst in ihrem Traumberuf angekommen war“. Dort galt sie als geduldig, einfühlsam, in der Lage, Vertrauen aufzubauen. „Sie hat das Leben geliebt und gelebt“, sagt Brüggemann.
Auch Landrat Andreas Coenen (CDU) gedenkt der 23-Jährigen: „Sie war engagiert, hochmotiviert und wissbegierig“, sagt er in seiner Trauerrede. Die Besucher sitzen dicht gedrängt, etliche müssen stehen, weil sie keinen Platz mehr bekommen haben. Sanitäter versorgen mehrere Personen wegen Kreislaufzusammenbrüchen. Neben der Familie der 23-Jährigen, Verwandten, Freunden und etlichen Kollegen sind NRW-Innenminister Herbert Reul, höchster Dienstherr der Landespolizei, sowie Arnold Plickert (Gewerkschaft der Polizei) und Polizeipräsident Norbert Wesseler gekommen. Aus dem Kreis Viersen sind rund 150 Polizisten angereist, dazu Kollegen der Kreispolizei Kleve und anderer Behörden. Weiße Mützen und dunkelblaue Uniformen prägen das Bild. Auch Feuerwehrleute aus Viersen sowie Gronau sind vor Ort.
„Es gibt viel Anteilnahme“, sagt Polizeisprecher Frank Rentmeister (Kreis Borken). Schon kurz nach dem Unfall hatten Menschen vor der Wache in Viersen Blumen und Kerzen aufgestellt und für die 23-Jährige gebetet. Zur Trauerfeier hat ihre Familie die Öffentlichkeit ausdrücklich zugelassen.
Bei dem Unfall kurz nach Weihnachten waren außerdem ein Polizeianwärter (22) schwer und eine 48 Jahre Polizistin lebensgefährlich verletzt worden. Die Kollegin sei stabil, aber schwebe noch immer in Lebensgefahr, berichtet Sprecherin Antje Heymanns von der Kreispolizei Viersen am Rande der Trauerfeier. Wann Anklage gegen den Lkw-Fahrer erhoben werde, sei noch unklar, sagt eine Sprecherin des zuständigen Polizeipräsidiums Mönchengladbach.
Für den etwa 700 Meter langen Trauerzug von der Kirche bis zum Friedhof hat die Polizei die Zufahrtsstraßen abgesperrt. Am Grab liegen Kränze, einer mit roten Rosen, einer mit weißen Amaryllen, der Lieblingsblume der Getöteten. Die Trauergäste werfen Blütenblätter in das Grab. Der Pfarrer beendet seine Trauerrede: „Mit Liebe beginnt es und mit Liebe hört es auf.“