Auslaufmodell Förderschule
Durch den Zusammenschluss mit Willich ist die Johannes-Hubertus-Schule nur vorerst gerettet.
Kempen/St. Hubert. Der Schulausschuss hat einstimmig beschlossen, dass die Johannes-Hubertus-Schule aufgelöst und ab kommendem Schuljahr als Dependance der Willicher Pestalozzi-Schule weitergeführt wird.
Dazu schließt Kempen mit der Stadt Willich eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung. Darin wird geregelt, dass jede Stadt weiterhin die Kosten für den eigenen Standort übernimmt. Der Name Johannes-Hubertus-Schule bleibt für den Standort erhalten.
Die Stadt will durch den Vertrag mit Willich sicherstellen, dass Förderschüler weiter in Kempen unterrichtet werden können — vorerst. Denn die Zukunft der Förderschulen ist ungewiss. Die Schülerzahlen sinken. Die Stadt Kempen hält sich im Vertrag daher ein Sonderkündigungsrecht vor, falls die Dependance aufgelöst werden sollte.
Nach derzeitigem Stand der Planungen in NRW hält es die Verwaltung für denkbar, dass selbst die gemeinsame Förderschule schon im Schuljahr 2013/14 die vom Land geforderte Mindestschülerzahl von 144 nicht mehr erreicht und damit auslaufen müsste. Derzeit gehen in St. Hubert 75 Kinder zur Schule — mit Willich erreicht man die Zahl 149. Trotzdem wollen die beiden Städte an der Kooperation festhalten. Noch ist nämlich auf Landesebene nichts beschlossen.
„Die Schulkonferenz hat den Beschluss einstimmig begrüßt“, erklärte Ulrich Plöger, kommissarischer Leiter in St. Hubert und Leiter der Pestalozzi-Schule in Schiefbahn. Eltern und Schüler befürworten, den Standort St. Hubert zu halten. „Wir werden an diesem Ziel festhalten, uns der Diskussion aber nicht verschließen“, erklärte Beigeordneter Michael Klee.
So hatte die Willicher CDU bereits die Idee in den Raum geworfen, dass der Kreis Viersen die Trägerschaft der Förderschulen übernehmen soll (die WZ berichtete). „Der Kreis hat sich dazu noch nicht positioniert“, erklärte Klee.
Grund für die sinkenden Schülerzahlen an Förderschulen ist die Inklusion: Kinder, die einen besonderen Förderbedarf haben, sollen in Zukunft an normalen Schulen unterrichtet werden.
Eine weitere Folge der Inklusion ist das Thema Barrierefreiheit an weiterführenden Schulen. Das wurde im Ausschuss intensiv diskutiert. Die Grünen hatten beantragt, die Kosten zu ermitteln, um eine der weiterführenden Schulen in Kempen barrierefrei zu gestalten. Und Monika Schütz-Madré (Grüne) zeigte sich wenig erfreut darüber, dass die Verwaltung diesen Antrag ohne Rücksprache verändert habe. „Es ist nicht in Ordnung, wie mit Anträgen von Parteien umgegangen wird“, fand sie.
Als „zynisch“ bezeichnete sie die Aussage, dass es nur zwei Kinder mit körperlichen Behinderungen an der Gemeinschaftsgrundschule gebe. Davon nur eines, das im Rollstuhl sitzt. Kempen könnte sich nicht als Schulstadt bezeichnen, solange nicht alle Schüler die Möglichkeit hätten, in ihrer Heimatstadt einen Abschluss zu machen.
Die anderen Fraktionen erklärten ihre Bereitschaft, sich mit dem Thema ausein-anderzusetzen. „Wir sollten jetzt schon die Gegebenheiten ermitteln und sehen, wo wir Mittel herholen könnten“, sagte Irene Steeger (SPD). Im Beschlussvorschlag der Verwaltung hatte es geheißen, dass das Thema erst entschieden werde, wenn Klarheit über die Schullandschaft in Kempen gegeben sei.
Michael Klee erklärte, den Beschlussvorschlag damit, dass die Kosten nicht so einfach zu ermitteln seien. „Wir wollten den Antrag nicht aufweichen, sondern Ihnen deutlich machen, dass das eine große Herausforderung darstellt.“
Man müsse sich für eine Schule entscheiden, dort die Abläufe ansehen und die baulichen Gegebenheiten in den Blick nehmen. „Das heißt nicht, dass wir das Thema nicht angehen“, so Klee. Zunächst will man sich bei barrierefreien Schulen in Nachbarkommunen informieren.
Alle Fraktionen einigten sich darauf, dass die Verwaltung nach möglichen Fördertöpfen suchen solle. Zudem will der Ausschuss eine barrierefreie Schule in Krefeld besichtigen. Anhand einer Schule in Kempen soll die Verwaltung dann eine Modell-Kostenaufstellung für einen Umbau erarbeiten.
Michael Klee bat darum, einen Appell an das Land zu richten, damit Geld zur Verfügung gestellt wird. Das gelte auch für den Bund, ergänzte Monika Schütz-Madré: „Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen.“