Baby-Boom gegen den Trend
Auf der renovierten Station in Kempen steigt die Zahl der Geburten. Obwohl bundesweit immer weniger Kinder geboren werden.
Kempen. Wer heute ein Kind erwartet, geht zur Entbindung nicht zwingend in das nächstgelegene Krankenhaus. Stattdessen gibt es einen regelrechten Kreißsaal-Tourismus. Die werdenden Eltern von heute sind vernetzt, gut informiert und mobil. „Unsere Kreißsaal-Führungen sind gut besucht“, sagt Dr. Hajo Wilkens, Chefarzt der Gynäkologie und Geburtshilfe im Kempener Krankenhaus.
Die Abteilung ist auch bei Patienten, die nicht aus Kempen kommen, beliebt. Aus Nettetal, Straelen, Geldern, Tönisvorst, Brüggen oder auch Mönchengladbach kämen werdende Eltern in die Thomasstadt.
Nach der Schließung der Entbindungsstation im Krankenhaus in Uerdingen kämen auch werdende Mütter von dort, so Wilkens. Dagegen gebe es aber auch Kempener, die wegen der Nähe zu einer Kinderklinik lieber in ein größeres Krankenhaus gingen — zum Beispiel ins Krefelder Helios-Klinikum.
Die Entbindungszahlen sind seit dem aufwendigen Umbau der Station 2009/2010 gestiegen — und das bei bundesweit gleichzeitig immer weniger Geburten. „Gegen den Trend zu wachsen, ist ein besonderer Erfolg“, sagt der Chefarzt. Im vergangenen Jahr sind rund 570 Kinder an der Von-Broichhausen-Allee zur Welt kommen, etwas weniger als im Jahr 2012 mit 586 Geburten.
Die Patienten, die sich für Kempen entschieden, schätzten die familiäre und persönliche Atmosphäre eines kleineren Hauses, sagt Wilkens. „Viele kommen, weil sie Gutes gehört haben — von Hebammen, der Familie oder Freunden.“ Die Betreuung sei persönlich. Er selbst kenne jeden Fall. Und auch das Engagement der Schwestern und Hebammen sei groß.
Individualität wird bei einer Geburt immer wichtiger. Die Hebammen geben sich viel Mühe, herauszufinden, was für die Schwangere am besten ist. Acht selbstständige Beleg-Hebammen sind in Kempen im Einsatz.
Während es in anderen Abteilungen des Krankenhauses in jüngster Zeit einige Wechsel beim Personal gegeben hat (die WZ berichtete), freut sich Chefarzt Wilkens über eine hohe Konstanz bei den Hebammen wie beim anderen medizinischen Personal. Alle Stellen seien besetzt.
Auch wenn die Geburten eine wichtige Rolle in der Abteilung spielen, mache doch der operative Bereich in der Gynäkologie einen größeren Teil der Arbeit aus. Rund 800 bis 1000 Operationen gibt es dort pro Jahr.
Soweit möglich werden viele Operationen minimal-invasiv und ambulant durchgeführt. Zu den Schwerpunkten gehören die Behandlung von Harninkontinenz und Senkungsbeschwerden sowie Brustkrebserkennung.