Bahnübergang in Kaldenkirchen: „Kein Gefühl von Sicherheit“

An zwei Bahnübergängen in Kaldenkirchen ersetzen Flatterbänder die Schranken. Die Polizei ermittelt gegen die Bahn – und die hüllt sich in Schweigen.

Kaldenkirchen. Bloß keine Zeit verlieren, der nächste Zug kommt! Der Mann mit der orangen Warnweste springt aus dem Auto, spannt die rotweißen Flatterbänder, sperrt so den Bahnübergang ab. Als der Zug naht, hebt er den Arm: Das Zeichen für den Lokführer - die Bahn hat freie Fahrt, der Übergang ist gesichert. Wirklich gesichert? Die Schranken sind außer Betrieb an zwei Übergängen in Kaldenkirchen, seit Wochen schon. Warum, weiß keiner. Tag und Nacht schieben Sicherungsposten Dienst. Und die Deutsche Bahn schweigt - auch zu Klagen über Beinahe-Unfälle.

"Keine Ahnung, was hier los ist, irgendeine Störung eben", meint der Sicherungsposten. Der Mann ist nervös, seit knapp zehn Stunden im Einsatz, gleich muss die Ablösung kommen. "Ist mir auch egal, ich mache meinen Job, fertig." Sein Kollege sieht das anders: "Man möchte schon mehr wissen, schließlich fragen die Leute und wir können nichts sagen."

Für die Gleissicherung der Bahnübergänge Am Altenhof und Am Königsbach sorgt die Firma Lanfermann Security aus Bottrop. Der Gebietsleiter: "Wir informieren gerne, wenn unser Auftraggeber, die Bahn, zustimmt."

Doch die Bahn stellt sich quer. Auskunft der Pressestelle in Düsseldorf: "Dazu sagen wir nichts, wir haben schlechte Erfahrungen mit der Presse." Gemeint sind damit wohl Medienberichte über lange Arbeitszeiten von Sicherungsposten und über Beinahe-Unfälle, weil Züge nahten, obwohl die Übergänge nicht gesichert waren - so auch Am Altenhof.

Die Bundespolizei-Inspektion Kleve ermittelt gegen die Bahn, "derzeit laufen die Vernehmungen", so Polizei-Sprecher Thomas Görtz. Bedenken hat er keine: "Grundsätzlich sind Bahnübergänge auch mit Sicherungsposten gut gesichert. Klar, Menschen machen Fehler, aber genau so gut kann die Technik, etwa bei den Schranken, versagen."

Die Gleissicherung nehmen manche Passanten nicht ernst - eine Joggerin: "Über das alberne Flatterband könnte ich glatt drüber springen. Und abends ist mir mulmig, wenn da immer ein Auto neben den Büschen steht." In dem Auto sitzt der Wachmann mit der Warnweste.

Bei Kälte läuft der Motor, im Wagen Thermoskanne, Proviant, Taschenlampe, Rätselhefte. Überall Bahn-Embleme: DB auf der Weste, DB auf dem Handy.

Ein Sicherungsposten erzählt: "Gefährlich ist der Dienst nicht, ich muss halt voll konzentriert sein, drei Minuten vor einem Zug kommt der Anruf vom Stellwerk, dann muss ich raus." Der Mann schmunzelt: "Wenigstens steht hier seit kurzem ein Klohäuschen, vorher war das oft ganz schön kritisch."

Noch kritischer, wenn Autofahrer und Fußgänger leichtsinnig sind: "Da wollen immer mal welche noch durchhuschen, während ich das Band spanne", so ein Lanfermann-Mitarbeiter, "andere meckern, weil angeblich kein Zug käme." Die Zweifel der Leute könne er verstehen: "Schauen Sie sich das Flatterband im Wind an, das gibt nicht so ein Gefühl von Sicherheit wie eine feste Schranke."