Bauerfeind: Wütender Protest

Die Belegschaft machte am Donnerstag einen Trauer- marsch in die City. Gewerkschaft und Politik erklärten sich solidarisch.

Kempen. Dagmar Redelings ist richtig wütend. Die Betriebsratsvorsitzende der Firma Bauerfeind zog gestern mit der 210-köpfigen Belegschaft als "Trauerzug" durch Kempen und machte ihrer Wut deutlich Luft.

"Die Mitarbeiter sind für die Rente zu jung und für den Arbeitsmarkt zu alt", schimpfte sie bei der abschließenden Kundgebung an der Burgstraße vor dem Museum. Das Angebot der Firma, einen ähnlichen Arbeitsplatz im 533 Kilometer entfernten Zeulenroda anzunehmen, sei einfach nur lächerlich - die Arbeitnehmer sind seit mindestens zehn Jahren im Kempener Werk tätig und entsprechend gebunden.

Mit einem Pappsarg, schwarzen Kreuzen und wehenden IG-Metall-Fahnen ausgestattet demonstrierte die Belegschaft Geschlossenheit und wies mit Plakaten auf ihr Schicksal hin: "Heute ernten wir die Früchte für die Solidarbeiträge", war da neben "Schluss mit den Subventionen auf unsere Kosten!" und "Der Stoff aus dem die Träume sind - Hartz IV" zu lesen.

Robert Lange hatte eine Trommel umhängen und gab lautstark zu verstehen, was er von den Plänen der Firma hält, für die er seit zehn Jahren in der Produktion arbeitet. "Ich habe Abschiedsgefühle in mir", sagte der 51-Jährige, der eine Frau und zwei Kinder zu versorgen hat. "Die Gewinn-Optimierung ist Bauerfeind wichtiger als seine Mitarbeiter", meint er.

Damit könnte Robert Lange Recht haben. Ein vom Betriebsrat engagierter Wirtschaftsprüfer jedenfalls befand die Firma für "wirtschaftlich hervorragend", wie Betriebsratssprecher Jörg Hagedorn betont. In seiner Ansprache machte er deutlich: "Wir kämpfen für einen fairen Sozialplan!", was Peter Behr (IG Metall) mit den Worten "Jeder Arbeitsplatz ist besser als Sozialpläne, aber Sozialpläne sind wichtig" bestärkte.

Seitens der Politik erfuhr die Bauerfeind-Belegschaft parteiübergreifende Solidarität: "Was ist mit der sozialen Verantwortung?", fragte Andreas Gareißen (SPD). Und Udo Kadagies von der FDP bedauerte, dass die von allen befürchtete Entwicklung Realität geworden sei. Seitens CDU und Grünen trat kein Redner ans Mikro, und auch Bürgermeister Karl Hensel war nicht anwesend.

"Man will, aber man kann nicht", beschrieb Ute Jäger (38) ihre momentane Lage. Es sei furchtbar, von jetzt auf gleich den Boden unter den Füßen weggerissen zu bekommen und in der Luft zu hängen, sagt die Frau, die direkt nach ihrer Ausbildung vor 17 Jahren zu Bauerfeind kam und zur Demo schwarz gekleidet erschien.

Ihre Kolleginnen Maria Eßer (58, seit 17 Jahren bei Bauerfeind) und Nadja Hages (53, 18 Jahre dabei) aus der Versandabteilung reagierten mit "absolutem Unverständnis". Symbolisch verlieh der Betriebsrat den "Preis für asoziale Marktwirtschaft" an Hans Bruno Bauerfeind, eine Anspielung auf die Verleihung des "richtigen" Preises, der 2005 an den Unternehmer ging.

Den 800 Mitarbeitern im thüringischen Zeulenroda bleibe es weiterhin verboten, einen Betriebsrat zu wählen. Alle Versuche seitens der Arbeitnehmer hätten bislang Kündigungen zur Folge gehabt.

Besser in Kempen: Dort formiert sich die Belegschaft um Betriebsrätin Dagmar Redelings, die ankündigte: "Wir werden weiter hart um unser Recht kämpfen." Am 2.Oktober gehen die Verhandlungen in die nächste Runde.