Kempen/Kreis Viersen „Das ist ein Affront gegen Kempen“

Die Pläne und das Vorgehen des Landrates in der Frage des Kreisarchivs stören Bürgermeister Volker Rübo gewaltig.

Foto: Friedhelm Reimann (2)/Kurt Lübke

Kempen/Kreis Viersen. Aus der Debatte um einen neuen Standort für das Kreisarchiv hat sich zwischen der Stadt Kempen und dem Kreis Viersen ein Streit entwickelt. Bürgermeister Volker Rübo (CDU) fühlt sich durch die Verwaltungsvorlage von Landrat Andreas Coenen (CDU) „überrumpelt“. Wie gestern berichtet, steht in der Vorlage für den Kreis-Kulturausschuss, dass Coenen Viersen als Standort favorisiert. Die Zweitlösung wäre Willich und erst dann sieht Coenen Kempen als Option, um nach einem geeigneten Grundstück für einen Archivneubau zu suchen.

„Dieses Vorgehen ist ein Affront gegen die Stadt Kempen“, sagte Rübo gestern im Gespräch mit der WZ. Der Bürgermeister meint damit zum einen die Vorlage an sich, in der Kempen „wie eine Notlösung“ daherkomme. „In allen Gesprächen mit dem Landrat habe ich stets betont, dass Kempen in dieser Frage den ersten Zugriff haben muss“, sagt Rübo, weil das Kreisarchiv derzeit in Kempen ist. Diese Bekundungen des Bürgermeisters spielen nun in der Vorlage des Landrates keine Rolle mehr.

Noch mehr stört Volker Rübo allerdings die Art und Weise, wie Coenen mit Kempen und auch den anderen beteiligten Kommunen umgeht. Von der Rangliste „Viersen — Willich — Kempen“ hat Rübo nach eigenen Angaben aus den Medien beziehungsweise aus der im Internet veröffentlichten Verwaltungsvorlage des Kreises erfahren. „Darüber hätte der Landrat mich im Vorfeld informieren müssen. Das ist keine geeignete Kommunikation“, so der Bürgermeister. Dies habe er Coenen auch am Dienstagabend in einem persönlichen Gespräch erörtert. Das derzeitige Verhältnis zwischen den Verwaltungsspitzen im Kempener Rathaus und im Viersener Kreishaus bezeichnet Rübo als „angespannt“.

Nichtsdestotrotz will der Bürgermeister nun konstruktiv mit Coenen zusammenarbeiten. Sollte es nach den politischen Beratungen in Viersen, Willich und auf Kreisebene dazu kommen, dass Kempen den Archiv-Zuschlag bekommt, „werden wir selbstverständlich gemeinsam mit dem Kreis nach einer Lösung suchen“.

Und auch im anderen Fall will Rübo nicht beleidigt reagieren. „Viersen und Willich zu fragen, ob sie die Stadtarchive eingliedern möchten, ist absolut sinnvoll“, so Volker Rübo. Wenn feststehen sollte, dass ein neues Kreisarchiv in Willich oder Viersen gebaut wird, müssten Politik und Verwaltung entscheiden, wie es mit dem Kempener Stadtarchiv weitergeht. Dieses Thema möchte der Bürgermeister in Ruhe angehen.

Es gelte dann abzuwägen, was für den Kempener Bürger am sinnvollsten ist. „Aus einem Ratsbeschluss vom 14. März 2016 geht deutlich hervor, dass sich die Fraktionen einen Verbleib der Kempener Archivakten in der Stadt wünschen“, so Rübo. Dies müsse die Verwaltungsspitze berücksichtigen und dann entscheiden, ob die Stadt sich ein eigenes Archiv ohne personelle Unterstützung des Kreises leisten kann. „So weit sind wir aber noch nicht. Dazu gibt es noch keine konkreten Überlegungen“, macht Volker Rübo deutlich.

Zumindest in der Stadt Viersen könnte es am kommenden Dienstag in eine konkrete Richtung gehen. Dann soll der Rat der Stadt entscheiden, ob eine Zusammenlegung mit dem Kreisarchiv infrage kommt. Bei der Sitzung des städtischen Kulturausschuss in Viersen wurde aber schon am Dienstagabend deutlich, dass es dort noch viele offene Fragen gibt — vor allem aus finanziellen Gründen.

In Willich wird am Donnerstag — einen Tag nach der Sitztung des Kreis-Kulturausschusses — im Rat über das Thema diskutiert. Aus der Vorlage für die Sitzung geht hervor, dass zumindest die Willicher Verwaltungsspitze nicht von einer Eingliederung des städtischen ins Kreisarchiv überzeugt ist. „Grundsätzlich vertritt die Verwaltung die Position, dass eine Kooperation mit dem Stadtarchiv der Stadt Viersen und der Beibehaltung des eigenen Stadtarchivs für die Bürger der Stadt Willich die größeren Vorteile bietet“, heißt es in der von der Beigeordneten Brgitte Schwerdtfeger unterzeichneten Sitzungsvorlage.“

Und so könnte es tatsächlich dazu kommen, dass Landrat Coenen gemeinsam mit Bürgermeister Rübo ein Archiv-Grundstück finden muss — in Kempen.