Friedhof an der Berliner Allee: Jesus muss stabilisiert werden
Am Hochkreuz nagt der Zahn der Zeit. Der Restaurator Matthias Sandmann saniert derzeit das Kunstwerk.
Kempen. Jesus hat faule Füße. „Sowohl das untere Ende der Figur als auch der Kreuzesstamm, an dem der Holzkorpus angebracht ist, sind von Braunfäule und Würfelbruch befallen“, sagt Matthias Sandmann. Seit anderthalb Wochen arbeitet der Diplom-Restaurator am Hochkreuz auf dem Friedhof an der Berliner Allee. Weil „dringender Handlungsbedarf“ bestand, bekam er vom städtischen Grünflächenamt den Auftrag dazu. „170 Arbeitsstunden habe ich dafür kalkuliert“, sagt Sandmann. Die Fertigstellung hat der Kempener für den kommenden Donnerstag geplant.
Der Klever Künstler Gerd Brüx hat das Hochkreuz im Jahr 1937 geschaffen. Für die Propsteikirche schuf Brüx außerdem 1926 die Grablegung Christi und 1939 die Figur des heiligen Konrad von Parzham. Beide Kunstwerke stehen in der Taufkapelle des Gotteshauses in der Kempener Altstadt.
Der 4,20 mal 3,20 Meter große — und damit doppelt lebensgroße — Korpus Christi, der als Hochkreuz auf dem Friedhof steht, ist aus Eichenholz gefertigt. Mitte der 1990er Jahre wurde das Kunstwerk zum letzten Mal restauriert.
Der Zahn der Zeit nagt unaufhörlich an dem Hochkreuz. Südwestwind und Schlagregen haben ihre Spuren hinterlassen: Kittmasse ist an einigen Stellen durch herausgefallen: So konnte Feuchtigkeit ins Holz dringen. Als Folge traten Pilzschäden auf, Braunfäule und Würfelbruch. Das wiederum geht auf Kosten der Stabilität. „Mein Auftrag ist es, das Hochkreuz zu stabilisieren“, sagt Sandmann.
Seit Mai bereitete der Restaurator diesen Einsatz vor, informierte sich über Künstler, Werk und dessen Zustand. Nach der kompletten Einrüstung des Kunstwerks konnte die Arbeit beginnen. Die Holzoberfläche musste Sandmann in mühevoller Handarbeit abschleifen. „Eine Maschine würde nur oberflächlich arbeiten“, begründet er die zeitintensivere Vorgehensweise.
Alle Risse wurden gesäubert und so auf eine wertige Verfüllung vorbereitet. Damit das Holz auf Spannung bleibt, fügte Sandmann passgenaue Holzstücke ein, die er mit Leim und Nägeln fixierte. Nachdem alles getrocknet war, zog sein Helfer Robert Kursawa gestern die Nägel heraus. „Das hält jetzt bombenfest“, zeigt er sich zufrieden.
Sandmanns einstiger Studienkollege Alexander van den Heuvel hilft ebenfalls bei der Restaurierung. Er schliff unter anderem die untere Seite der Bedachung ab, damit diese — wie auch die Figur — neu gestrichen werden konnte. „Wir tragen einen kompletten Oberflächenaufbau auf“, sagt Sandmann. Dazu gehört ein pilzbekämpfender, festigender Grund, die Grundierung und schließlich eine mindestens dreifache Deckbeschichtung. „Anstreichen XXL“ nennt Sandmann das scherzhaft. Und das alles, damit Jesus’ Füße nicht länger faulen.