Grefrath. „Das war nur Ja-Sage-Politik“
Grefrath · Ärger über Berliner Politik trieb Jessica Steinmüller vor eineinhalb Jahren in die SPD. Nun ist sie schon Parteichefin in Grefrath.
Das nennt man wohl eine steile Karriere. Jessica Steinmüller ist seit eineinhalb Jahren Mitglied in der SPD Grefrath und schon an der Spitze der Partei. „Ich hätte nie gedacht, dass ich so schnell Vorsitzende werden würde“, sagt die 36-Jährige.
In Grefrath kennt sie sich zumindest bestens aus. Als Jessica Berg im Fréventgebiet mit vier Geschwistern aufgewachsen, hat sie die örtliche Grundschule, die Realschule in Süchteln und die Höhere Handelsschule in Kempen besucht. Danach absolvierte sie eine Lehre zur Bankkauffrau, hat vier Jahre in Frankfurt gearbeitet und ist vor zwei Jahren inklusive dort kennengelerntem Ehemann Wolfgang zurückgekehrt. Jetzt arbeitet Jessica Steinmüller in Düsseldorf bei der HSBC in der Wertpapierabwicklung, wohnt im Fréventgebiet, baut an der Grunewaldstraße und wird im Mai ihr erstes Kind bekommen.
Aufregende Zeiten für Steinmüller, die nach ihrem SPD-Eintritt zunächst Kassiererin geworden war. Als Roland Angenvoort – ihr Vorgänger – seinen Rückzug für das Jahr 2019 angekündigt hatte, „habe ich wohl mal gesagt, dass mich das Amt auch interessieren würde“, erinnert sie sich.
Dass daraus nun Realität geworden ist, erstaunt sie selbst. Nach eigener Aussage hat sie immer SPD gewählt, sich in den vergangenen Jahren aber über das Geschehen in Berlin geärgert. „Das war nur Ja-Sage-Politik.“ Deshalb habe sie beschlossen, in Grefrath Mitglied zu werden, um dort die Politik mitzubestimmen. „Grefrath ist das A und O. Ich möchte gerne meine Ideen einbringen.“
Vom politischen Leben in der Gemeinde hat sie bereits erste Eindrücke aufgenommen, als sachkundige Bürgerin in verschiedenen Ausschüssen und sich für den Jugend-, Sozial- und Seniorenausschuss entschieden. Zudem ist sie stellvertretendes Mitglied im Aufsichtsrat der Gemeindewerke Grefrath. Wenn im Jahr 2020 wieder der Gemeinderat gewählt wird, will sie auch dabei sein. In welchem Bezirk, weiß sie noch nicht. Da mindestens zwei SPD-Räte nicht mehr weitermachen wollen, hofft sie, einen beerben zu können.
Ihr inhaltliches Profil möchte Steinmüller in den nächsten Tagen schärfen. Die Partei habe zehn Punkte erarbeitet, die beim Neujahrsempfang am 11. Januar in der Mooren-Halle vorgestellt werden. Zwei davon nennt sie im WZ-Gespräch schon einmal, weil sie ihr besonders am Herzen liegen: Schulen und Kita-Plätze. Die Sekundarschule habe auf lange Sicht keinen Bestand, so Steinmüller. Weshalb man in Gesprächen sei, diese zum „Pendant“ für die Gesamtschule in Kempen zu machen. „Dann können die Kinder dort die Klassen fünf bis zehn besuchen. Mit dem gleichen Lernstoff wie in Kempen und problemlos für die Oberstufe dorthin wechseln“, so die 36-Jährige. Bei den Kita-Plätzen will die Partei ermitteln, warum immer wieder Gruppen fehlen, obwohl regelmäßig nachgebessert wird (die WZ berichtete). Wichtig ist für sie noch die Mitgliederwerbung: „Wir brauchen dringend mehr, die mitarbeiten. Teilweise sitzen die Ratsmitglieder doppelt in Ausschüssen. Und wir brauchen mehr Wähler, das habe ich mir auch auf die Fahne geschrieben.“
Auch das Schwimmbad, beziehungsweise Freibad, ist Steinmüller wichtig. Aktuell scheint eine Schließung der Außenanlage wahrscheinlich. Eine abschließende Meinung habe sie zu den Überlegungen, was mit dem Freibad geschehen soll, nicht. Aber: „Ein Bad sollte das ganze Jahr über geöffnet haben.“ Sie selbst schwimmt seit dem sechsten Lebensjahr und ist auch ähnlich lange in der DLRG. „Dort bin ich vor kurzem als längstes Mitglied geehrt worden“, sagt sie stolz. „Ich hatte gar nicht gewusst, das mein Vater die Beiträge noch für mich bezahlt hat.“
Auf die Frage, ob sich die Sozialdemokraten schon Gedanken über einen Bürgermeisterkandidaten gemacht haben – die Wahlen sind 2020 – antwortet Steinmüller: „Nein. Aber das müssen wir noch im ersten Halbjahr 2019 tun.“ Sie selbst sieht sich nach den nächsten Mitgliedswahlen als SPD-Vorsitzende und Ratsmitglied.