Grenzsteinweg: Steine als stumme Zeitzeugen
Auf eine Reise durch die Geschichte begab sich eine Gruppe des Vereins Niederrhein.
Kempen. "Warum halten wir hier an?", fragten einige Teilnehmer der Radwandergruppe des Verein Niederrhein. Am Montag erkundeten sie den Grenzsteinweg und waren am St. Huberter Marktplatz angekommen. Als sie den Grenzstein neben dem Hubertusbrunnen sah, musste Agnes Schaff auf einmal lachen: "Ich wohne hier fast um die Ecke. Aber der Stein ist mir noch nie aufgefallen." 13 Grenzsteinstationen findet man in und um Kempen herum. Matthias Mertens führte die Gruppe über einen Teil der Strecke.
So unauffällig die Brocken heute scheinen, so groß war ihre Bedeutung in früheren Zeiten. Denn sie markierten die Landesgrenzen zwischen dem Herzogtum Geldern und dem Kurfürstentum Köln. Sie sollten auch repräsentieren, tragen Zeichen und Wappen. Jedes Kind sollte sich an das Aufstellen der wichtigen Begrenzungen erinnern. "Bei uns haben die Kinder damals Wecken bekommen. Im Sauerland zum Beispiel hat sich der Bürgermeister oder ein Landvermesser ein Kind genommen und ihm eine gelangt. In beiden Fällen haben die Kinder es nicht vergessen", schmunzelte Mertens.
Er ist Stadtführer in der Thomasstadt. Der 70-jährige Ur-Kempener bringt seinen Zuhörern Geschichte mit viel Witz nah. Über Ziegelheide, Grasheide, Wachtendonk-Schlick, Wall, Voesch und St. Hubert ging es wieder zurück nach Kempen. Das Klönen unterwegs gehört zu den Ausflügen des VLN dazu. "Es ist so wichtig, nach draußen zu gehen und etwas zu machen, aktiv zu sein", meinte Gisela Kläckes.
An sechs Stationen gab es einen Halt an den steinernen Zeitzeugen. Zu den Grenzstationen gehörten neben dem Stein auch immer eine Kapelle und ein Galgen. "Dort wurden man mit dem Stricke vom Leben zum Tode befördert", so Mertens. "Das hört sich besser an als aufhängen, oder?", fügte er verschmitzt hinzu. An der Station Wachtendonk-Schlick stand die Nikolaus-Kapelle, die im 16. Jahrhundert zerstört wurde.
Die Grenzsteine sind unterschiedlich in Form und Materlial, viele sind aus Basalt, Blaustein oder Trachyt. Die Vielseitigkeit erklärt sich aus ganz praktischen Gründen. "Hier am Niederrhein gab es kein Felsgestein. Deshalb hat man die Grenzsteine oft aus Resten von alten Bauten hergestellt", erklärte Mertens. So erkennt man am Rötgenhof noch die Reste eines Mühlsteins, am Haus Velde einen geschwungenen Brocken, der wohl von einem Geländer abgebrochen war.
Der Grenzsteinweg ist dem Engagement von Ulrich und Christel Houben zu verdanken, die die Steine zusammengetragen haben. Eingeweiht werden soll die Route am 9. September zum Tag des Offenen Denkmals.
Verlauf Die Tour beginnt auf der Wiese am Kulturforum Franziskanerkloster an der Burgstraße und führt zum Rötgenhof in Ziegelheide. Von dort geht es zur Neerdommermühle in der Grasheide, über Wachtendonk Schlick zum Haus Velde in Wall. Es folgt der Neimeshof in Voesch sowie der St. Huberter Marktplatz. Über den Dehmershof geht es nach Unterweiden zur Baumschule Höfkes und Haus Bockdorf. In St. Peter steht der Grenzstein am Hauseshof, in der Stiegerheide dann an der Routenburg. Die letzte Station ist schließlich Klein Dyck in Klixdorf.