Wartezimmer voll, Klassen halb leer Grippewelle rollt auch durch den Kreis Viersen
<irwordspace style="word-spacing -00375em;"><irglyphscale style="font-stretch 97%;">Kreis Viersen</irglyphscale></irwordspace> · Hohes Fieber, Husten und Schnupfen, Kopf- und Gliederschmerzen: Viele Patienten kommen derzeit mit diesen Symptomen in die Arztpraxen. Etliche Kinder sind betroffen. An Grundschulen sind Klassen halb leer. Durch den Karneval dürfte die Zahl der Erkrankten weiter steigen.
Seit Jahresbeginn rollt eine Grippewelle über Deutschland hinweg. Das geht aus dem jüngsten Wochenbericht des Robert-Koch-Instituts hervor. Die Zirkulation von Influenzaviren bestimmt aktuell das Geschehen bei den akuten Atemwegserkrankungen. Menschen jeder Altersgruppe sind betroffen, doch zuletzt stieg insbesondere auch die Zahl der erkrankten Kinder. Entsprechend stellen die Experten mehr Arztbesuche in den Kinderarztpraxen fest. Folge für die Schulen: Die Klassen sind teilweise halb leer.
So sind aktuell an den drei Grundschulen in Kempen deutlich mehr Kinder krank, als sonst zu dieser Jahreszeit üblich. „Bei uns ist es mehr als die Hälfte mehr“, heißt es aus einer Grundschule. Die Klassen seien teilweise nur halb voll. Immer wieder kämen kranke Kinder ins Sekretariat, die von den Eltern abgeholt werden müssten. „Auffällig ist hohes Fieber, schlagartig. In der Pause noch fit, danach plötzlich richtig krank“, sagt eine Lehrerin.
Wie viele Menschen im Kreis Viersen derzeit an Influenza, also Grippe, leiden, wie viele möglicherweise mit dem Coronavirus infiziert sind und bei wie vielen es „nur“ eine heftige Erkältung ist, weiß man nicht, erklärt der Kempener Hausarzt Dr. Arndt Berson, Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein und Leiter der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Kreisstelle Viersen. Denn anders als in der Hochphase der Corona-Pandemie werde nur noch selten getestet, weshalb es keine verlässlichen Zahlen gebe. „Fakt ist: Wir haben alles derzeit, vermutlich aber etwas weniger Corona-Fälle als noch vor einigen Wochen.“ Diese Einschätzung bestätigt das Robert-Koch-Institut in seinem Wochenbericht mit dem Blick aufs Abwasser: Im Abwassermonitoring sei für die vergangenen Wochen kein Trend zu einer gehäuften Last mit Sars-CoV2-Viren zu beobachten – die Viruslast von Influenza A- und B-Viren hingegen sei deutlich angestiegen.
„Die Wartezimmer sind gerade brechend voll, die Influenzawelle rollt“, sagt auch Dirk Aschoff-Franke, Kinder- und Jugendarzt in Tönisvorst. Oft kämen junge Patienten mit hohem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, seien sehr müde, teilweise auch lichtempfindlich. Das spreche für Influenza, erklärt er. Ein Test sei nicht üblich, einige kämen jedoch mit positivem Ergebnis aus der Notdienstpraxis. Der Kinderarzt warnt: „Die Influenza ist keine Bagatellerkrankung. Es kann zu Komplikationen wie Lungenentzündung oder Mittelohrentzündungen kommen.“
Die Menschen würden sich „richtig krank“ fühlen, ein bis zwei Wochen bis zur Genesung seien dann keine Seltenheit. Man könne, da es sich um eine Viruserkrankung handelt, nur symptomatisch behandeln: „Also mit fiebersenkenden Mitteln, Hustenlösern oder -stillern, Nasenspray“, sagt der Kinderarzt. Sich jetzt noch impfen zu lassen? „Das wäre jetzt tatsächlich etwas spät, allerdings würde ich es Risikopatienten noch empfehlen“, sagt Aschoff-Franke. Bei der Influenza handele es sich um eine Tröpfcheninfektion. Die Inkubationszeit sei extrem kurz: „Wenn bei jemandem im eigenen Haushalt Symptome auftauchen, haben sich die anderen meist bereits infiziert.“
Etliche Karnevalsveranstaltungen, die in den kommenden Wochen geplant sind, könnten die Zahl der Erkrankten weiter in die Höhe treiben, fürchtet der Kempener Mediziner Berson. „Wenn da viel gebützt wird, erwarte ich, dass dabei auch die Grippe und alle Atemwegsinfekte ausgetauscht werden“, sagt Berson. Seit dem Herbst hätten sich bereits viele Menschen gegen Grippe impfen lassen. Wer das bislang nicht getan hat, kann es nachholen, bevor der Karneval in die heiße Phase startet. Das gelte insbesondere für Menschen, die viel mit anderen zu tun hätten, wie etwa Lehrer, Erzieher oder Menschen, die im Gesundheitswesen tätig sind. Nach 14 Tagen bestehe ein steigender Immunschutz, sagt Berson. Sein Fazit: „Es macht Sinn, sich jetzt noch impfen zu lassen. Das ist ja auch das Einzige, was man präventiv tun kann – neben Abstand halten, desinfizieren, Händewaschen.“ Sollte der Wunsch nach einer Impfung bestehen, sei das kein Problem, „es ist genug Impfstoff da.“