Kempen Hebammen-Notstand in Kempen
In der Geburtshilfe fehlt es an Personal. Ein Grund sind schwierige Arbeitsbedingungen.
Kempen/Grefrath. Hebamme zu sein, ist für viele Frauen ein Traumberuf. Schließlich helfen sie dabei, Neugeborene zur Welt zu bringen. Zudem sind Hebammen unverzichtbar. Trotzdem wird es für werdende Eltern immer schwieriger, eine Hebamme zu finden, die sie vor, während und nach der Geburt betreut. Einen Mangel an Geburtshelfern gibt es mittlerweile nicht mehr nur in großen Städten. Die WZ hat sich in Kempen und Umgebung zu diesem Thema umgehört.
„Auf jeden Fall ist mir im Umfeld aufgefallen, dass Hebammen fehlen“, sagt Claudia Brieske, leitende Hebamme im Hospital zum Heiligen Geist. „Einige Hebammen hören auf, die Vor- und Nachsorge anzubieten. Die Auswirkungen spüren wir dann, wenn viele Patienten keine Nachsorgehebamme bekommen.“
Als möglichen Grund für den Mangel an ausgebildeten Kräften sieht die 35-Jährige unter anderem die Arbeitsbedingungen für den Beruf. „Gerade Hebammen, die ländlich arbeiten, müssen oft weit fahren, um zu ihren Patienten zu kommen. Dafür werden sie aber nicht entsprechend bezahlt. Somit sind die Aufwandskosten enorm“, erklärt Brieske, die seit 2004 ausgebildete Hebamme ist. Wie groß die derzeitige Nachfrage und das Interesse an ihrem Berufszweig sind, weiß Claudia Brieske nicht. „Vor zehn Jahren war der Beruf auf jeden Fall noch attraktiv“, so Brieske.
Zusätzlich zu den hohen Aufwandskosten, die der Beruf mit sich bringt, kommt auch die Haftpflicht-Problematik. Da die Haftpflicht-Prämien immer weiter steigen, bedeutet das vor allem für viele der freiberuflichen Hebammen, dass sie sich irgendwann aus Kostengründen nicht mehr selbst versichern können. Etwa 60 Prozent der Geburtshelfer arbeiten nach Angaben von Verbänden freiberuflich, viele von ihnen zusätzlich zu einer festen Stelle.
Monika Bauten, Hebamme aus Grefrath, sieht an dieser Stelle das Problem. „Die Haftpflicht ist meiner Meinung nach der einzige Grund, aus dem sich immer mehr Hebammen zurückziehen. Viele orientieren sich einfach anders“, sagt Bauten.
Das Fehlen von anderen Fachkräften spürt die Grefratherin durch einen vollen Terminkalender. „Für 2016 bin ich komplett ausgebucht und ich kenne auch keine Kollegin, die in diesem Jahr noch einen Platz frei hat. Mittlerweile ist es leider so, dass sich werdende Eltern so früh wie möglich orientieren müssen. Am besten suchen sie gleich zu Beginn der Schwangerschaft nach einer Hebamme“, so Bauten.
Die Auswirkungen des Mangels spüren nicht nur die Hebammen selbst. Auch viele Kinderärzte, die in ständigem Kontakt mit den kleinen Patienten stehen, bemerken das Fehlen von Fachpersonal. „Es gibt Engpässe, denn wir haben mehr Geburten als Hebammen“, sagt Kinderarzt Dr. Karl Geuchen aus Kempen. „Viele Eltern haben einfach keine Hebamme, die sie betreut, weil sie keine mehr gefunden haben.“ Die Nachsorge-Untersuchungen der Kinder wie regelmäßige Gewichtskontrollen müssen dann von den Kinderärzten durchgeführt werden. Geuchen: „Wir müssen die Löcher stopfen, die in der Kinderbetreuung entstehen. Dafür bekommen wir aber nichts, sondern machen die Untersuchungen noch zusätzlich.“