Das wurde aus den Prognosen der WZ Jahr des Scheiterns und Schiebens
Kempen · Für 2019 hatte die WZ für die Stadt Kempen eher zurückhaltende Prognosen gestellt. Aber selbst diese geringen Erwartungen wurden von Politik und Verwaltung nicht erfüllt.
Am Niederrhein werden gewisse Abläufe ja schnell zu einer Tradition. Ob dies auch schon für die Prognosen der WZ-Redaktion gilt, soll an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Jedenfalls ist es schon „gute Tradition“, dass die WZ am Anfang eines Jahres einen Ausblick wagt und die Chancen bzw. Entwicklungen von vier Kempener Projekten mit einer prozentualen Einschätzung versieht. Ebenso niederrheinisch-traditionell ziehen wir dann ein Jahr später Bilanz und lösen auf, was aus dem WZ-Blick in die Glaskugel geworden ist. Blicken Sie mit uns zurück!
Für 2019 hatte die WZ bei vier Projekten sehr zurückhaltende Einschätzungen abgegeben. Und man muss es nun leider so deutlich sagen: Politik und Verwaltung haben es geschafft, diese geringen Erwartungen noch zu unterbieten. Mitten in politischem Getöse und in einer massiven Strukturschwäche der Verwaltung war es unterm Strich ein Jahr des Scheiterns und Schiebens.
Schulcampus: Das Warten auf Ergebnisse geht weiter
„Die Wahrscheinlichkeit, dass bis Ende 2019 ein Konzept für den Schulcampus vorliegt, beträgt 80 Prozent.“
So blickte die WZ vor einem Jahr auf das sehr komplexe Thema der Sanierung der weiterführenden Schulen. Die Redaktion traute der Verwaltung also immerhin zu, dass eine Richtung klar wird. Doch daraus wurde nichts. Zwar gibt es inzwischen ein sogenanntes Raumprogramm für die Zukunft von Gesamtschule und den beiden Gymnasien. Daraus soll ein Raumkonzept werden. Möglicherweise auch ein Plan eines Neubaus für die Gesamtschule. Bis aus alldem aber ein Zukunftskonzept – ein tatsächliches „Projekt Schulcampus“ – wird, dürfte noch eine Menge Zeit vergehen. Man muss es so klar ausdrücken: Unabhängig vom großen Wurf, der bis zu 80 Millionen Euro kosten könnte, hat es die Stadt Kempen nur haarscharf geschafft, die Pflichtaufgaben zu erfüllen.
Die Rede ist vom Provisorium für die Gesamtschul-Oberstufe, die im Sommer 2020 an den Start gehen wird. Es dürfte ein Kraftakt werden, damit die Schüler tatsächlich geeignete Räume zur Verfügung haben. Nach einem großen Hin und Her soll die Oberstufe nun im Altbau der ehemaligen Hauptschule beginnen. Dies schien zwischenzeitlich nicht machbar zu sein, weil eine Schadstoffbelastung des Gebäudes vorliegt. Die Belastung mit Asbest sei nun jedoch nicht so gravierend wie zunächst befürchtet, hieß es nach einem Gutachten. Nun soll es für ein Jahr in den Altbau gehen. Ab Sommer 2021 soll dann ein Modulbau (möglicherweise eine Holzkonstruktion) zur Verfügung stehen, der dann in den nächsten Jahren genutzt werden könnte.
In Sachen Kunstrasen keimt die Hoffnung wieder ein bisschen
„Dafür, dass die Stadt bis Ende 2019 ein geeignetes Grundstück für einen neuen Kunstrasen in St. Hubert hat, liegt die Wahrscheinlichkeit bei 70 Prozent.“
Nun, aus dem geeigneten Grundstück ist noch nichts geworden. Nach dieser einfachen Einleitung muss man das komplizierte Thema noch etwas ausführlicher betrachten. Im Laufe des Jahres schien es fast so, als würde der St. Huberter Kunstrasen-Traum (mal wieder) platzen. Die Bezirksregierung verweigerte der Stadt grünes Licht, um die auserkorene Fläche an der T-Kreuzung Kempener Landstraße/Tönisberger Straße für einen Sportplatz vorzusehen. Für so einen Zweck sei das Grundstück nicht nah genug am Siedlungsbereich, hieß es aus Düsseldorf.
Während man sich im Rathaus schon damit abgefunden hatte, folgte eine politische Vermittlung. Der CDU-Landtagsabgeordnete Marcus Optendrenk ließ seine Beziehungen zur Landesbehörde spielen. Untermauert wurde der politische Wille pro Kunstrasen dann bei einem Termin mit der zuständigen Ministerin Ina Scharrenbach (CDU) im Kempener Rathaus. Bürgermeister Volker Rübo (CDU) sprach dann von positiven Signalen aus Düsseldorf, doch noch eine Lösung auf dem Areal finden zu können. Dafür ging dann ein Begründungsschreiben auf den Postweg von Kempen nach Düsseldorf. Die Fraktionen im Rat unterstützten das Vorhaben: Optendrenk und auch sein FDP-Kollege Dietmar Brockes sollen das Projekt in Düsseldorf weiterhin eng begleiten.
Das Begegnungszentrum
wurde endgültig beerdigt
„Die Wahrscheinlichkeit, dass die Stadt Kempen das Geld vom Land für ein Begegnungszentrum in St. Hubert bekommt, liegt bei 20 Prozent.“
Zur Idee, aus der früheren Johannes-Hubertus-Schule ein Begegnungszentrum für Integrationsarbeit und Vereine zu machen, gab es in den vergangenen Jahren schon viele Irrungen und Wirrungen. Vor einem Jahr stand die Stadt Kempen vor der entscheidenden Frage, ob sie doch noch auf rund 400 000 Euro an Fördermitteln aus Düsseldorf zurückgreifen kann oder nicht. Und schon kurz nach der Veröffentlichung der WZ-Prognosen für 2019 fiel das ganze Projekt in sich zusammen. Anfang Februar machte die Stadtspitze deutlich, dass man keinesfalls die erforderliche Frist für das geförderte Projekt einhalten könne. Mit der Folge, dass die Mehrheit im Rat die Maßnahme nicht ohne Mittel vom Land durchziehen
wollte.
In einer denkwürdigen Ratssitzung wurde das Projekt, für dessen Bewerbungspapiere die Stadt vor einigen Jahren so viel Lob erhalten hatte, beerdigt wird. Die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt wurde zu einer Abrechnung mit Bürgermeister Volker Rübo und dem Sozialdezernenten Michael Klee. Während sich SPD, Grüne und Linke an Rübo abarbeiteten, sah die CDU das Problem in den Grundlagen des Konzeptes. Und das war 2016 von Klee unterzeichnet worden.
Kempen bekommt wohl eine „Umgehungsstraße light“
„Die Wahrscheinlichkeit, dass Kempen im Westen den Ringschluss realisiert, liegt bei fünf Prozent.“
Diese Prognose mit Blick auf die Schließung der Lücke des Außenrings war kein wirkliches Wagnis. Schon vor einem Jahr war allen Beteiligten klar, dass diese große Lösung im Zusammenhang mit einer möglichst schnellen Umsetzung des neuen Baugebietes „Kempener Westen“ nicht zu erreichen ist. Und so wurde nach Gutachten und etlichen Beratungen der Weg für eine etwas kleinere Lösung freigemacht. Nach Gesprächen mit Landespolitikern und Vertretern des Kreises Viersen soll Kempen im Westen eine innerstädtische Tangente von der Straelener Straße im Norden bis zum Außenring im Süden bekommen.
Bis zur Realisierung werden aber noch einige Jahre ins Land gehen. Fest steht in jedem Fall, dass zunächst der erste von drei Bauabschnitten in Angriff genommen werden soll, bevor es an das Straßenprojekt geht. In diesem befindet man sich noch ganz am Anfang, zumal die Stadt Kempen noch gar nicht über die entsprechenden Grundstücke verfügt. Sollte es tatsächlich zur neuen Straße kommen, dürfte diese eine Kreisstraße werden. Im Gegenzug soll die Stadt die Baulast von anderen Straßen des Kreises in Kempen übernehmen.