Interview mit der Kabarettistin Anny Hartmann „Der Brexit ist ein Lowlight“

Kempen. · Mitte Januar präsentiert Anny Hartmann ihren Jahresrückblick in Kempen. Was waren ihre Highlights 2019?

Anny Hartmann fragt „Schwamm drüber?“.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

2019 war politisch ein spannendes Jahr mit den großen Fragen: Wer kommt? Wer bleibt? Wer geht? Und in jedem Fall: Wohin? Diese Fragen stellt sich auch Kabarettistin Anny Hartmann. Witzig und intelligent bereitet sie die Ereignisse des vergangenen Jahres auf.

Kennen Sie Kempen? Waren Sie dort schon mal?

Anny Hartmann: Ja tatsächlich war ich da schon mal. Ich weiß nicht mehr genau wann, aber ich bin da aufgetreten im Hubertusforum.

Was erwartet das Publikum nun in Kempen? Welches Programm stellen Sie vor?

Hartmann: Ich mache den Jahresrückblick, der heißt „Schwamm ­drüber?“. Bewusst mit Fragezeichen, weil man bei einigen Themen ja auch gucken muss, ob man das wirklich vergessen sollte. Und deswegen hab’ ich genau diese Themen nochmal amüsant aufbereitet.

Viele machen einen Jahresrückblick, auch im Comedy-Bereich, was ist an Ihrem Programm das Besondere?

Hartmann: Erstens, dass ich politisches Kabarett mache und einen politischen Rückblick mache und ich mich zweitens nicht mit dem Personal aufhalte, also ich rede wenig über Politiker. Ich beschäftige mich eher mit Sachthemen und Inhalten. Und drittens bin ich eine Frau und hab’ somit sowieso einen anderen Blick.

Hat man als Frau auf der Bühne manchmal mit Vorurteilen zu kämpfen?

Hartmann: (lacht) Manchmal ist gut. Meistens. Aber ich arbeite dran, dass sich das normalisiert.

Improvisieren Sie manchmal auf der Bühne?

Hartmann: Ja auch, je nachdem, was aus dem Publikum kommt oder ob irgendwas Unvorhergesehenes passiert. Deswegen bleibt es auch immer lebendig, selbst wenn ich das dann schon ein paar Mal gespielt hab’. Jeder Abend ist anders. Bühne sieht zwar nach Monolog aus, ist aber immer ein Dialog mit dem Publikum.

Was waren für Sie Höhepunkte und vielleicht auch Tiefpunkte in diesem Jahr?

Hartmann: Na ja, die Dauer-Lowlights sind natürlich der Rechtsruck, der Brexit und der Klimawandel. Ein Highlight fand ich zum Beispiel „70 Jahre Grundgesetz“ und dass wir das gefeiert haben. Die Frauen-WM fand ich auch sehr schön.

Vorher haben Sie bei einer Bank gearbeitet. Wie kommt man denn von dort zum Kabarett und auf die Bühne?

Hartmann: Ein langer Weg. Es hat mich immer schon interessiert, und ich habe damals neben meinem Job bei der Sparkasse schon angefangen, ein paar Auftritte zu machen, und dann hat sich das so entwickelt. Ich habe mit Comedy angefangen, weil ich immer gedacht hab’, ich sei kein politischer Mensch, weil mich Politiker nun mal nicht interessieren. Aber dann habe ich festgestellt, dass Politik eben nicht aus Politikern besteht, und deshalb kommt das Personal auch nicht in meinem Programm vor.

Kann man also sagen, dass es ein schwerer Weg ist, sich einen Namen zu machen?

Hartmann: Das dauert schon, das ist auch nicht so einfach. Es dauert auch, bis man damit Geld verdient, aber ich hab’ es trotzdem nie bereut. Es war nie so, dass ich gedacht hätte: Wärst du doch lieber mal bei der Sparkasse geblieben. So schlimm war es nicht (lacht).

Haben Sie Ratschläge für andere, die wie Sie einem Interesse oder einem Hobby professionell nachgehen und es zum Beruf machen wollen?

Hartmann: Also man sollte es auf jeden Fall immer versuchen. Ich habe es dann mit Anfang 30 gemacht, weil ich gedacht habe, es ist besser es zu versuchen, selbst wenn man scheitert, als irgendwann zu denken: ‚Hättest du doch mal’. Mut wird immer belohnt.

Sind Sie manchmal noch nervös vor Auftritten?

Hartmann: Bei Premieren schon. Wenn der Text einmal sicher sitzt, dann eigentlich nicht mehr. Es gibt natürlich immer eine gewisse Grundanspannung, denn ich gehe ja nicht auf die Bühne, wie ich ins Badezimmer gehe. Aber das gehört ja auch dazu.

Auch wenn es in ihrem Programm um den Jahresrückblick 2019 geht, freuen Sie sich auf das neue Jahr?

Hartmann: Ich freu’ mich sowieso jeden Tag des Lebens. Da macht der Jahreswechsel wenig Unterschied. Solang’ man wirklich gesund ist. Ich habe einen Beruf, den ich mir ausgesucht hab’ und kann davon leben und habe einen Mann, mit dem ich glücklich bin. Warum sollte ich mich da nicht freuen?