Haus Velde in Kempen Spannende Spurensuche in Haus Velde

Kempen · Historikerin Tina Hirop berichtete mit einem Vortrag im Kreisarchiv von einer spannenden Spurensuche in Haus Velde.

Der ehemalige Rittersitz Haus Velde sicherte jahrhundertelang die Nordgrenze des kurkölnischen Amtes Kempen.

Foto: Norbert Prümen

(b-r) Geschichtsforschung ist Detektivarbeit. Das bewies Tina Hirop, Mitarbeiterin des Kreisarchivs, die am Dienstagabend vor rund 20 interessierten Gästen über „ein kleines Puzzleteil zur Baugeschichte von Haus Velde“ sprach. Zahlreiche Fotografien und Dokumente unterstützten ihre Erläuterungen. Der Vortrag war Teil der neuen Reihe unter dem Motto „Heimat-Kreis-Archiv“, die das Archiv in Kooperation mit der Kreisvolkshochschule anbietet.

Hirop verfasste einen Beitrag
für das Heimatbuch 2023

Hirop ist in Kempen geboren und aufgewachsen. Seit 16 Jahren übernimmt die Historikerin aus Leidenschaft und Begeisterung Stadtführungen. Schon als Kind, so erzählte sie, habe der alte Rittersitz Haus Velde sie fasziniert. Intensiv hat sie sich mit der wechselvollen Geschichte der alten Burg auseinandergesetzt und einen Beitrag für das Heimatbuch 2023 verfasst.

Im vergangenen Jahr habe sie die Möglichkeit gehabt, Haus Velde zu besichtigen. Ein kleiner Glücksfall, befindet es sich doch in Privatbesitz. Dabei entdeckte sie nicht nur die originalen schiefen Holzbalken, die sich durch die Wohnung ziehen und die kleinen ursprünglichen Zapfen, mit denen die Balken verbunden sind. Ihr wurde auch eine Tasche mit Fliesen überreicht: das Puzzleteil, über das Hirop nachzuforschen begann.

Es handelt sich bei den rot-ockerfarbigen Fliesen um Einlegefliesen, deren besonderes Merkmal ein Spruchband in altertümlichen Schriftzeichen ist, die sich um ein Dekor ziehen. Ein Quadrat aus vier Fliesen ergibt einen Satz und ein vollständiges Muster. Hirop fand heraus, dass diese Art von Fliesen im 15. Jahrhundert nach orientalischen Vorbildern als Massenware hergestellt wurden. Und zwar in Antwerpen. Von dort aus wurden sie nach Belgien, in die Niederlande und nach England verkauft, wo man sie noch nach Jahrhunderten entdeckte. Funde in Deutschland gab es nicht. Bis jetzt. Bis die Fliesen in Kempen auftauchten. Und wie es der Zufall will, erhielt Hirop kurz nach ihrer Entdeckung einen Anruf vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL): Archäologen hatten bei einer Grabung auf dem Marktplatz im westfälischen Borken Scherben von Einlegefliesen gefunden, die das gleiche Spruchbild wie die von Haus Velde
aufweisen.

Sätze auf den Fliesen wie „Die Zeit ist kurz, der Tod kommt schnell“ legen auch den Schluss nahe, dass die Fliesen ursprünglich in der Kapelle von Haus Velde lagen. Aber: „Man weiß nicht, von wann und woher sie gekommen sind und wie sie hierher gelangten“, so Hirop. Ein Zuhörer erinnerte sich, als Kind in der Diele von Haus Velde über genau diese Fliesen gelaufen zu sein. Ein weiteres Puzzlestück? Die Forschung ist noch nicht abgeschlossen. Wirklich reinste Detektivarbeit.