Kunsttage kempen: Ein Bild aus Chaos und Struktur

Ihre Kreativität und Phantasie stellten besonders die jungen Besucher an den vielen Ständen unter Beweis.

Kempen. "Vorsicht, der Hund!", ruft eine besorgte Mutter über den Buttermarkt. Zu spät, denn im Eifer des Gefechts hat ihr Sprössling die gelbe Farbe nicht nur auf der Staffelei, sondern auch auf einem neugierigen Beagle verteilt. Halb so schlimm, mit einem feuchten Lappen wird der Vierbeiner schnell wieder sauber gemacht.

Nicht so Wolfgang Horster, der direkt neben der Staffelei steht, auf die Kinder mit Farbe getränkte Schwämme werfen: "Hier entsteht Aktionskunst", schmunzelt der farbverschmierte Inhaber der Kempener Beschriftungsfirma Schrift-Art-en. "Die Kinder schmeißen Farbe, ich veredele das Ergebnis mit schriftähnlichen Linien." Was entsteht, seien mehrdeutige Bilder, die Chaos und Struktur verbinden.

Kunst zum Anfassen, Kunst zum Mitmachen: Für die 4. Kempener Kunsttage verwandelte sich der Buttermarkt in ein Freiluft-Atelier, das große und kleine Kunstfreunde in seinen Bann zog.

Die Großen können etwa dem Neukirchen-Vluyner Maler Hans-Christoph Hacker beim Aquarellieren über die Schulter schauen oder einen Tisch weiter zusehen, wie unter den Händen des St. Huberters Dieter Paas eine Frauen-Skulptur entsteht. Oder gleich selbst zum Künstler werden, zum Glaskünstler nämlich, wie es die Siebenlist Glaswerkstatt anbietet.

Mit ungewöhnlicherem Material arbeitet man im Café Peerbooms: Kempener Stadtansichten aus massiver Schokolade, dazu bunte "Picasso-Pralinen" und eine Buttercrème-Torte speziell für die Kempener Kunsttage. "Mit der Vorbereitung haben wir schon vor ein paar Wochen begonnen", verrät Konditorei-Verkäuferin Erika Kleinofen. Auch wenn sie dafür eigentlich zu schade sind: "Natürlich sind die Produkte komplett essbar."

Und dass man mit flüssiger Schokolade zeichnen kann, bewies der Tönisvorster Maler Max Müller bei einer Vorführung am Samstagnachmittag.

Beim Kinderschutzbund und beim Buch Verlag sind wieder die jüngeren Besucher gefragt. Neben Kinderbuch-Lesungen wird dort wieder gemalt, und die Bilder in Strohhalm-Technik flattern an Wäscheleinen im Frühlingswind.

Doch nicht nur im bunten Treiben auf dem Buttermarkt ist Kunst zu entdecken, sondern auch in den umliegenden Straßen der Kempener Innenstadt. Knapp 60 Geschäfte und Gastronomiebetriebe haben die blaue "Kunst-Schaufenster"-Fahne gehisst und stellen die Werke der teilnehmenden Kreativen aus. Es darf nicht nur geguckt, sondern auch gekauft werden. Die Geschäfte waren am Sonntagnachmittag geöffnet und lockten zum Einkaufsbummel.

Oft sind die Schaufenster mit viel Liebe zum Detail gestaltet. "Wir haben unsere Auslage farblich passend zu den Bildern umgeräumt", erzählt etwa Frank Violonchi, der in seinem Teeladen Blumengemälde und Kempener Motive von Irene Gilles präsentiert.