Lobberich: Gegen den Rest der Welt

Die tragische Komödie „Wind in den Pappeln“ lebt von den Marotten der alternden Helden. In der Werner-Jaeger- Halle gibt es für die Darsteller Bravo-Rufe.

Lobberich. Keine Chance: Das Alter fordert seinen Tribut, auch wenn sie sich noch so sehr dagegen wehren, die drei Veteranen im Altenheim. Sie schwelgen in Tagträumen, machen sich selbst was vor, hetzen sich gegenseitig auf. Das ist zum Schmunzeln und Lachen, zum Seufzen und Mitleiden, was drei hervorragende Schauspieler am Freitagabend in der Werner-Jaeger-Halle abliefern: Mit dem Theaterstück "Wind in den Pappeln" erobern sie die Herzen der Zuschauer. Bekommen dafür kräftigen Beifall, sogar Bravo-Rufe.

Einer sagt kein Wort und wird doch zur Messlatte des Wahnsinns - ein Hund. "Der Hund bewegt sich", klagt Fernand mit dem Hirnschaden. "Der Hund kommt mit", fordert Gustave mit den Psychosen. "Der Hund ist aus Bronze und 100 Kilo schwer", mokiert sich René mit dem Holzbein. Jeder der Drei hat seine Macken und Marotten, bietet ein Bild des Jammerns und des Jauchzens, ein Abbild der Heuchelei und der Heiterkeit.

Da sitzen sie auf der Terrasse des Altenheims, die Veteranen des Ersten Weltkriegs. Sehnen sich nach Aufbruch und Ausbruch, hin zu den Pappeln auf dem Berg weit draußen. Und sie scheitern an ihren Sehnsüchten: Fernand, gespielt von Jörg Pleva, die liebenswerte Mimose; Gustave (Jürgen Thormann), das ängstliche Großmaul; René (Harald Dietl), der realistische Spinner. Sie sticheln, motzen, hetzen gegeneinander. Und wollen im Grunde nur Anerkennung, Zunei- gung, Liebe.

So bröckelt sie nach und nach, die Fassade der Stärke. Zum Vorschein kommt schwindende Lebenskraft. Vor allem bei Fernand, der stets bei unpassen- den Gelegenheiten in Ohnmacht fällt. Pleva und seine Kollegen spielen dabei gerade so dezent übersteigert, dass die Komödie nicht zum Klamauk verkommt. Alle Achtung!

Komisch, wie der eitle Gu- stave Fernand huckepack nimmt und nicht hochkommt. Absurd, als René alle anseilt, um den Ausbruch zu üben. Rührend, wenn am Ende die Freunde den siechen Fernand füttern. Jeder will für sich stark sein, aber sie klammern sich aneinander in der Angst vor dem Rest der Welt. Die Anstalt ist ihr geschützter Lebensraum, der Platz für Träume bietet. Keiner hätte alleine und draußen eine Chance.