Kempen Musik, Musik, Musik: Die Altstadt klingt gut
Die Vorfreude auf die Sommermusik im Juli an der Burg steigt. Außerdem: Die Kirmes beginnt heute. Und: An der Ellenstraße bahnt sich ein Abschied an.
Kempen. Der Maestro aus Salzburg brachte — ohne dass sein Europäisches Festival Orchester den ersten Ton gespielt hat — stimmlich österreichischen Charme und Internationalität nach Kempen. Gut vier Wochen vor seinem Gastspiel zur „Sommermusik an der Kempener Burg“ reiste Dirigent Alexander Steinitz an, um gemeinsam mit der Stadtspitze und dem Verkehrsverein (VVK) als Veranstalter noch einmal die Werbetrommel zu rühren. „Hier ist es mindestens so schön wie in Salzburg“, begrüßte ihn in dieser Woche gut gelaunt und mit niederrheinisch-fröhlichem Selbstbewusstsein Heinz-Josef Rox, der Vorsitzende des VVK.
Alexander Steinitz wird am 22. Juli ab 20.30 Uhr die Sommernacht nicht nur dirigieren, sondern auch moderieren, die Stückauswahl der Strauss-Dynastie zu „Best of Johann Strauss“ präsentieren. Ein Schwerpunkt werde die Operette „Die Fledermaus“, außerdem werden Walzer und Polka die musikalische Abfolge bis Mitternacht bestimmen. Das 50 Musiker umfassende Orchester ist Freiluft-Veranstaltungs-erprobt. Anders als am Schloss Rheydt muss es in Kempen aber nicht auf herumstolzierende Pfaue Rücksicht nehmen. Mit elektronischer Verstärkung soll das Konzert auf der Wiese ein Klangerlebnis wie im Konzertsaal ermöglichen.
Mit Klangerlebnissen kennt er sich aus: der Mönchengladbacher Günter vom Dorp, 66, bekannt unter anderem als Hörfunkmoderator des WDR. In Kempen fungiert er als musikalischer Berater der Sommermusik. Seit drei Wochen, verriet er am Rande der Pressekonferenz zum Klassik-Festival, sei er im Ruhestand. Na, jedenfalls so fast. Denn der Termin für die nächste Radiosendung stehe schon fest. Dann spricht man wohl eher vom Unruhestand.
Altstadt-Geflüster
Bürgermeister Volker Rübo freut sich schon sehr auf die Sommermusik. Er lobt das Kempener Publikum als Klassik-verliebt und -diszipliniert und dankt dem VVK ausdrücklich für den zu leistenden Aufwand, den ein solches Event mit sich bringt. 90 Prozent der Karten für den Samstagabend sind bereits verkauft, lediglich 140 liegen noch an der Vorverkaufskasse (Infos und Preise unter verkehrsverein-kempen.de).
Nichts mehr zu machen ist bei Max Giesinger. Sein Konzert am Freitagabend, 21. Juli, ist ausverkauft, obwohl schon Plätze aufgestockt wurden. 1700 Zuhörer kommen. Viele junge Besucher werden erwartet. „Wir hätten deutlich mehr Karten verkaufen können“, sagt Heinz-Josef Rox. Er freut sich, dass der Künstlerzuschlag so früh geklappt hat, denn Giesingers Hits „80 Millionen“, „Wenn sie tanzt“ und „Roulette“ werden zurzeit rauf und runter gespielt. Rox: „Glück gehabt! Heute wäre er fast doppelt so teuer.“ Er hofft, das Giesinger am Konzertabend so viel Zeit mitbringt, dass ein paar Selfies mit den Fans möglich sein werden.
Von Selfies zum Selbstfahrer und damit die Überleitung zur Sommerkirmes. Sie ist — auch mit viel Musik — in der Stadt. Schon am vergangenen Mittwoch wurde fleißig aufgebaut, seit heute dreht man sich in Kempen im Kreis, schaukelt oder nimmt in Gondeln Fahrt auf. Auf dem Buttermarkt saßen die Besucher des Eiscafés Brustolon und des Marktgrills am Aufbautag in der ersten Reihe: Während sie Kaffee, Eis und Pommes zu sich nahmen, beobachteten sie alle Handgriffe der Schausteller-Teams. Das sieht man eben auch nicht alle Tage. Auf dem Buttermarkt lädt wieder Krammeyers „Big Monster“, der Riesenpolyp, zu familientauglichen, aber auch flotten Runden ein. Gleich daneben steht Mainkas Raupe, die seit Generationen ihren Charme hat und schon ungezählte Besucher jeden Alters zusammengeführt hat. Musik inklusive.
Zusammenführen - das ist das Stichwort, um noch einmal kurz zur Sommermusik im Juli auf der Burgwiese zurückzukommen. Vor der Gala mit „Best of Johann Strauss“ wird es ein sogenanntes „get together“ geben. Dann reicht Feinkost Fander kleine Gaumenschmeichler und das Weinhaus Straeten die passenden Weine dazu. „Wein und Häppchen — das gehört dazu“, betonte Heinz-Josef Rox vom Verkehrsverein. „Was nützt die Kunst, wenn man nichts im Bauch hat.“
„Sie klingt Hammer“, sagt ein strahlender Eppi Funken. „Sie“ ist ein für den Musikhändler wahr gewordener Traum aus Walnuss und dem Holz eines Mammutbaumes — eine Akustikgitarre, die in Handarbeit in Oregon, an der Westküste der USA, für ihn gefertigt wurde. Ein Musikinstrument, das durch die Verarbeitung besonderer Materialien nicht nur den Kempener Musikalienhändler begeistert. „Sinker Redwood“ wird das Holz des Mammutbaumes genannt, da es über einen langen Zeitraum in Gewässern bei Oregon lag. So sei es mit Mineralien angereichert und habe einen besonderen Klang, erklärt Peter Haeberle, der im Vertrieb des Gitarrenherstellers „Breedlove“ arbeitet und Eppi Funken zusammen mit seinem Kollegen Devin Percell aus Oregon besucht hat, um ihm die Gitarre persönlich zu überreichen. Ein nicht ganz alltäglicher Service für ein sehr persönliches Unikat.
Eppi Funken war im Oktober auf Einladung des US-amerikanischen Gitarrenbauers in Oregon, um sich die Hölzer vor Ort auszusuchen. Das Schmuckstück hat daher auch seinen Preis. „Rund 4500 Euro würde sie im Verkauf kosten“, sagt Eppi Funken. Würde er sein Unikat denn verkaufen? „Nicht so gerne.“ Bei einem entsprechenden Angebot müsse er aber überlegen. Auf jeden Fall kann das Instrument in seinem Musikgeschäft an der Neustraße 5-6 begutachtet werden. Und auf Bestellung in Oregon nachgebaut werden.
„Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ein paar Tränchen werden sicher auch dabei sein.“ Das verriet Armin Horst dem Flüsterer. Nach 31 Jahren wird er morgen zum letzten Mal sein Restaurant Ellenpoort und die Kneipe Treppchen an der Ellenstraße öffnen. Seine Gäste lädt er dann zum „Fässer leer trinken“ ein. Horst hatte sich wegen gesundheitlicher Probleme dazu entschieden, kürzer zu treten. Darüber hatte der Flüsterer ja bereits berichtet. Am kommenden Dienstag können Interessenten aber zwischen 10 und 14 Uhr noch mal bei Armin Horst vorbeischauen. Dann verkauft er den Rest seines gastronomischen Inventars. „90 Prozent sind allerdings schon weg. Es gibt aber beispielsweise noch einen Gasherd und verschiedene Kleinteile“, sagt der scheidende Gastronom. „Ich gehe komplett in den Ruhestand“, so Armin Horst mit Blick auf seine Zukunft. Im Werbering wird er aber weiter aktiv sein.
Ab Montag bleiben Ellenpoort und Treppchen für längere Zeit geschlossen. Beide Häuser werden renoviert, bevor sie am 1. September wiedereröffnet werden. Dann übernimmt Venga-Wirtin Michaela Dahn die Geschäfte — und das mit allen 20 Mitarbeitern, die schon für Armin Horst tätig waren.