Kulturbahnhof Kempen Neues und Traditionelles im Kuba
<irwordspace style="word-spacing 00859375em;"><irglyphscale style="font-stretch 102%;">Kempen</irglyphscale></irwordspace> · Der Kempener Kulturbahnhof hat eine bewegte Geschichte, oft stand er schon kurz vor dem Aus. Spielautomaten und Komasaufen sind unerwünscht. Was macht diesen Ort so besonders?
Ein später Sonntagabend in Kempen, „Et Kemp’sche Huus“ schließt gerade seine Tore. Wo man denn hier in der Stadt noch einen Absacker nehmen könne? „Der Kuba ist bestimmt was für euch“, sagt der Kellner. „Oder das Falko, da sind immer junge Leute.“ Im Falko wischt der Barkeeper gerade die letzten Gläser aus, man schließe leider gerade. Aber der Kuba habe bestimmt noch auf. Wen man auch fragt, die Hoffnungen liegen auf dem Kulturbahnhof – der sonntags zwar leider geschlossen hat, aber sonst jeden Abend zuverlässig ab 19 Uhr für seine Gäste da ist.
„Wir haben mittlerweile sogar montags auf“, sagt Chefin Marianne Tophoven. „An Heiligabend und Weihnachten ist es bei uns so richtig voll.“ Über die Feiertage kämen Menschen aus der ganzen Welt zurück nach Kempen, um bei ihren Eltern zu sein. Bei der Gelegenheit trinken sie gern ein Bier mit ihren Schulfreunden, am liebsten in ihrer Lieblingskneipe aus der Jugend. „Manche unserer Gäste von früher kommen heute mit ihren Kindern“, lacht Tophoven. „Einige drohen mir damit, dass sie bald ihre Enkel mitbringen.“ Wenn jemand von weiter her in den Kuba kommt, solle es sich anfühlen wie nach Hause kommen, wünscht sich Tophoven.
Als ihr Mann Frank den Kulturbahnhof in den 1980er-Jahren im Alter von 21 Jahren übernahm, sei die Kneipenkultur noch eine andere gewesen, erzählt die Wirtin. „Viele Junge kennen das nicht mehr. Miteinander reden, Karten spielen, diese gemütliche Gemeinschaft.“ Letztens seien zwei junge Menschen da gewesen, die den ganzen Abend schweigend nebeneinander an der Bar gesessen haben, die Blicke auf ihre Smartphones gerichtet. „Was macht ihr denn da?“, habe Tophoven entgeistert gefragt. „Wir simsen miteinander“, lautete die Antwort.
Die Kommunikation über Whatsapp habe für Tophoven viele Nachteile, Treffen fänden vermehrt im Internet statt. Wenn jemand etwas mit ihr klären möchte, zum Beispiel den Kuba für seinen Geburtstag reservieren oder eine Anfrage für seine Band stellen, solle er am besten persönlich vorbeikommen, statt anzurufen. Viele ihrer Gäste kennt sie mit Namen und Lebensgeschichte.
Zum Beispiel Daniel, der schon lange in Krefeld-Hüls wohnt, aber trotzdem mehrmals die Woche nach Kempen kommt, um im Kuba zu sein. „Das ist einfach ein Original“, schwärmt er. „Das Flair ist besonders, es gibt Billard und Kicker. Und die Belegschaft ist toll.“ Einer der drei Billard-Tische wurde gerade frisch bezogen, das sei ganz schön aufwendig gewesen, berichtet Tophoven. Ihres Wissens sei der Kuba der einzige Ort in Kempen, an dem man noch Billard spielen könne.
Neu ist auch Ludmilla. Die Schaufensterpuppe sitzt seit gut einer Woche auf einer Schaukel, die von der Decke hängt. Marianne Tophoven hat sie schon vor Monaten in Duisburg auf einem Trödel ergattert. „Sie kriegt demnächst noch ein Cocktailglas“, sagt sie. Den Namen hat Frank Tophoven ihr gegeben, der aus gesundheitlichen Gründen nicht im Kuba sein kann. Marianne schmeißt den Laden deshalb stellvertretend für sie beide.
Der Kuba ist eigentlich viel mehr als eine Bar, er ist ein Kulturzentrum. Neben Konzerten finden auch Veranstaltungen wie der Kostümball, Quiz-Abende und Whisky-Tastings statt. „Diese Tastings waren immer so teuer“, sagt Tophoven. „Deshalb haben wir unseren Gast Stefan überredet, selbst welche anzuleiten.“ Eintrittspreis damals: schlappe zehn Euro. Mittlerweile sei man bei 45 Euro, denn die Spirituosen seien wahnsinnig teuer geworden. Dazu gibt es Brot und Wasser – und weil eine Maus auf dem Plakat vor Kurzem falsche Erwartungen geschürt habe, neuerdings auch Käse.
Im Kuba gibt es absichtlich keine Spielautomaten, und wer zu viel getrunken hat, bekommt anstelle eines Biers einen Kaffee angeboten. Einmal habe ein betrunkener älterer Herr mit Tophoven eine Diskussion angefangen, weil er unbedingt weiter tanken wollte. Kurz darauf habe sie ihn in der Stadt getroffen. „Ich kenne Sie doch. Sie haben mir doch letztens keinen Alkohol mehr gegeben“, habe er zu ihr gesagt. „Das fand ich sehr gut.“