Rechnung kann nicht aufgehen
Für eine Familie übernimmt die Stadt nun rückwirkend die Kosten. Nach einer genauen Prüfung durch das Jugendamt wurde diese Entscheidung getroffen. Für eine andere Familie zahlt die Stadt nicht. In diesem Fall hat allerdings gar keine Überprüfung stattgefunden.
Verständlich ist das nicht.
Dabei liegen die Fälle ähnlich: Beide Familien wohnen in Kempen. Beide lassen ihr Kind in St. Tönis betreuen. Beide halten die Betreuung bei einer Tagesmutter für die beste. Beide pochen auf das vom Land formulierte Wunsch- und Wahlrecht. Ob die Stadt daher aus rechtlicher Sicht an ihrer Einzelfallentscheidung festhalten kann, scheint fragwürdig.
Wenn man das Thema Kindesbetreuung generell betrachtet, sind die Argumente der Stadt nachvollziehbar. Für immer mehr Betreuungsmöglichkeiten, die Land und Bund installieren, muss eine Kommune Geld aufbringen, das sie nicht hat. Diese Rechnung kann nicht aufgehen.
Viele junge Eltern müssen frühzeitig zurück in den Beruf, weil die Familienkasse gefüllt werden muss. Diese Veränderungen in Arbeitswelt und Gesellschaft spiegeln sich im Anspruch an Betreuung wider. Jüngstes Beispiel ist der Vorstoß von Bundesministerin Manuela Schwesig (SPD), 24-Stunden-Kitas fördern zu wollen. Ein fataler Vorschlag, über den unsere Gesellschaft dringend nachdenken muss: Eltern brauchen mehr Zeit für ihre Kinder, nicht für ihre Arbeit.
tobias.klingen@wz.de