Hagelkreuz und Wartsberg So läuft die Quartiersentwicklung in Kempen

Kempen · Was im Stadtbezirk Hagelkreuz sehr gut funktioniert, stellt sich für die Wartsbergsiedlung in Tönisberg nach wie vor als schwierig dar: Gemeinschaftsgefühl kommt hier nur schwer auf. Die Bewohner fühlen sich immer noch abgehängt.

In der Wartsbergsiedlung in Tönisberg ist die Stadt seit Mai 2021 mit ihrem Quartiersprojekt aktiv.

Foto: Norbert Prümen

Zugegeben, der Vergleich der beiden Stadtteilprojekte hinkt ein wenig, zu unterschiedlich sind die Voraussetzungen, um im Kempener Hagelkreuz und in der Wartsbergsiedlung in Tönisberg die Bewohnerinnen und Bewohner zu gemeinschaftlichen Aktivitäten zu bewegen. Die Resonanz auf die von der Stadt organisierten Angebote in den beiden Quartieren sind auch nach Jahren der Stadtteilarbeit immer noch recht unterschiedlich. Das ergibt sich aus dem Bericht des verantwortlichen städtischen Mitarbeiters Ingo Behr für die jüngste Sitzung des Sozialausschuss des Kempener Stadtrates.

Für das Wohnviertel Hagelkreuz – die ehemalige „Neue Stadt“ aus den 1960er-Jahren – kann Behr nur Positives berichten. Der 63 Jahre alte Sozialwissenschaftler arbeitet seit 2015 für die Stadt Kempen in der Quartiersentwicklung. Sein Büro hat der Duisburger seit Januar 2017 am Concordienplatz – mittendrin im Stadtviertel, für dessen Bewohnerinnen und Bewohner er arbeitet. Behr ist sehr zufrieden, was sich im Hagelkreuz entwickelt hat. Die Resonanz auf die Angebote ist positiv, die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger groß.

Intensive und verlässliche Zusammenarbeit im Hagelkreuz

Im Hagelkreuz klappt seit Jahren das Miteinander. Kein Wunder: Arbeiten hier Stadt, Bürgerverein, Schule, Jugendtreff, Familienzentrum, Kirchen und engagierte Bürgerinnen und Bürger intensiv und verlässlich zusammen. Das Forum Hagelkreuz als Plattform für die Bürgerbeteiligung – es wurde im Januar 2016 erstmals angeboten – kann im Januar kommenden Jahres ein Jubiläum feiern: Zum 25. Mal soll es ein Treffen im Gemeindesaal der katholischen Christ-König-Kirche am Concordienplatz geben. Kleine Jubiläen feiern im nächsten Jahr mit jeweils fünfjährigem Bestehen der „Offene Malkreis“, das Repair-Café „Wackelkontakt“ oder die „Schmökerbude“.

Die Angebote richten sich längst nicht mehr nur an Senioren aus dem Stadtteil, so wie es ursprünglich mal geplant war. An den Aktivitäten beteiligten sich auch viele Jüngere, darunter etliche Familien mit Kindern, berichtet Behr. Eine feste Einrichtung ist der vom Ratsmitglied Jeyaratnam Caniceus (ÖDP) vor einigen Jahren initiierte Sandkasten, der den Concordienplatz in den Sommerferien in eine Freizeitoase für Kinder verwandelt. Die Veranstaltungen des rührigen Bürgervereins Kempen-Hagelkreuz sind stets gut besucht. Nicht nur Bewohnerinnen und Bewohner aus dem Stadtviertel nutzen die Angebote, auch aus anderen Kempener Wohnvierteln kommen regelmäßig Gäste, die mitmachen wollen.

Eine solch positive Bilanz kann Ingo Behr über die Quartiersarbeit in der Wartsbergsiedlung in Tönisberg nicht ziehen. Hier ist die Stadt seit Mai 2021 mit ihrem Quartiersprojekt aktiv. Behr musste damals nicht bei Null anfangen, denn seit 2015 wurde ein besonderes Konzept in der ehemaligen Zechensiedlung umgesetzt. Stadt Kempen, Stadtwerke Kempen und Hochschule Düsseldorf starteten damals zunächst mit Angeboten zu den Themen Energieeinsparung, Gebäudesanierung und klimaschonende Energieversorgung. Am Birkenweg 8 ließen die Stadtwerke ein Musterhaus – das heutige Quartiershaus – energetisch sanieren. Das Projekt richtete sich in erster Linie an Hausbesitzer.

Parallel gingen die Partner auch ihr Vorhaben an, die soziale Entwicklung im Wohnviertel zu verbessern. Quartiersmanagerin Bettina Nabbefeld, die für die Hochschule Düsseldorf schon mehrere solcher Projekte begleitet hatte, bezog ihr erstes Büro in einem der Mehrfamilienhäuser auf dem Wartsberg. Dort bot sie regelmäßig Sprechstunden an, später vom Quartiershaus aus initiierte sie Angebote für Familien.

Seit zwei Jahren gibt es das Netzwerk Tönisberg-Wartsberg

Seit Mai 2021 hat die Stadt Kempen die Quartiersarbeit auf dem Wartsberg in alleiniger Regie übernommen. Ingo Behr ist acht bis zehn Stunden in der Woche im Quartiershaus. Seit zwei Jahren gibt es das Netzwerk Tönisberg-Wartsberg. Hier setzt Behr – ähnlich wie im Hagelkreuz – auf die Beteiligung der Bewohnerinnen und Bewohner der Siedlung. Anders als im Hagelkreuz muss er aber auch die Verbindung zum Ortskern von Tönisberg stärken. Viele Aktivitäten von Feuerwehr, Kindergärten, Schule oder Jugendzentrum finden „unten“ im Dorf statt. Die Bewohner des Wartsbergs haben die Kleingarten-Siedlung „Zur luftigen Höhe“ mit einem rührigen Verein vor der Tür, aktiv ist auch die Interessengemeinschaft WaMo (Wartsberg/Moränenstraße).

Es läuft schon Einiges für die Bewohnerinnen und Bewohner der Siedlung. Und dennoch, so Behr in seinem Bericht für den Sozialausschuss, fühlten sich die Wartsberger als letzte in der Rangfolge der Bewohner Kempens, denen die Stadt Aufmerksamkeit entgegenbringt und für deren Interessen sie sich einsetzt.

Diesem Eindruck gelte es auch künftig verstärkt entgegenzuwirken. Kempens Bürgermeister Christoph Dellmans (parteilos) war Mitte Oktober beim Netzwerk-Treffen und hörte sich die Sorgen und Wünsche der Wartsberger an. Quartiersentwickler Behr plant fürs neue Jahr die regelmäßige Herausgabe eines Newsletters für die Bewohnerinnen und Bewohner der Siedlung.