SPD: Der nächste Rücktritt
In der Nettetaler SPD regiert das Chaos. Nach Fraktions-Chef Hussag hat gestern auch Partei-Boss Wallenborn sein Amt niedergelegt.
Nettetal. Die SPD kommt in der Seenstadt einfach nicht zur Ruhe: Gestern hat Partei-Chef Peter Wallenborn die Brocken hingeschmissen. Dabei ist es noch keine zwei Wochen her, dass Fraktions-Chef Ralf Hussag (42) zurückgetreten war und zudem sein Ratsmandat niedergelegt hatte.
Hussags Rückzug war es auch, der Wallenborns Rücktritt zum jetzigen Zeitpunkt ausgelöst hat. Denn eigentlich hatte der 62-Jährige mit "gebremstem Schaum" bis zur nächsten anstehenden Wahl des Vorstands im Frühjahr 2008 weitermachen wollen. Doch nun hat es sich der Hinsbecker anders überlegt. Und das hat Gründe.
"Nach dem Rücktritt von Ralf Hussag, der letzte SPD-Verordnete mit kommunalpolitischem Niveau, an dessen Stuhl schon lange von seinem designierten Nachfolger Müller-Wirtz gesägt wurde, habe ich mich entschlossen, meinen Rücktritt endgültig zu machen", so Wallenborn gestern.
Der eigentliche Anlass für diesen Schritt liegt drei Monate zurück. Damals galt es, als Nachfolger für Elvire Kückemanns einen neuen sachkundigen Bürger für die SPD-Kreistags-Fraktion zu wählen.
Neben Wallenborn kandidierte noch Bernhard Müller-Wirtz, damals Vize der SPD-Stadtrats-Fraktion. "Diese Wahl verband ich mit der Vertrauensfrage", so Wallenborn. Von den sieben Nettetaler Vorstandsmitgliedern stimmten vier für Müller-Wirtz und zwei für Wallenborn - darunter auch er selber. "Das Ergebnis machte meine Tätigkeit als Partei-Vorsitzender unmöglich", so der 62-Jährige.
Am 2. April teilte er dann dem Kreis-Vorsitzenden Udo Schiefner seinen Rücktritt mit. Doch diese Erklärung gelangte nicht in die Öffentlichkeit - "aus Rücksicht auf die Nettetaler SPD, die seit Jahren nicht mehr aus den negativen Schlagzeilen kam", so Wallenborn. Vielmehr ließ er sich überreden, noch ein Jahr weiterzumachen.
Doch jetzt ist Schluss mit Rücksicht, jetzt werden Ross und Reiter genannt. Der Ex sieht seine "Arbeit als Vorsitzender als gescheitert an. Denn es ist mir nicht gelungen, den Scherbenhaufen, den Müller-Wirtz jahrelang angerichtet hat, zusammenzukehren".
Gescheitert seien auch seine Versuche, "seit der letzten Wahl verloren gegangene kommunalpolitische Kompetenz wieder an den Tisch zu holen". Konkret hatte Wallenborn Gespräche mit Renate Reynders, Peter Kohn und Walter Reynders geführt, ob sie sich nicht wieder in der Partei-Arbeit engagieren wollten. Auch dieser Versuch sei "an der Person Müller-Wirtz" gescheitert.
Abschließend heißt es in Wallenborns Erklärung: "Wenn jetzt der Bock zum Gärtner gemacht wird, wünsche ich allen Beteiligten viel Vergnügen."
Was ist eigentlich mit dieser Partei los? Innerhalb von noch nicht einmal drei Jahren muss die Nettetaler SPD zum dritten Mal einen Vorsitzenden wählen. Im Dezember 2004 war der damals 24-jährige Thomas Leven Partei-Chef geworden - nachdem kurz zuvor der komplette Vorstand mit Bernhard Müller-Wirtz an der Spitze zurückgetreten war. Zur Erinnerung: Das war nach dem Wirbel um Vize Hajo Siemes, den inzwischen der Bann des Partei-Aussschlussverfahrens getroffen hat.
Doch schon nach einem Jahr trat Leven zurück. Nachfolger wurde im Juni 2006 dann Peter Wallenborn. Und auch der ist gestern von der Kommando-Brücke gegangen. Langsam wird es personell eng im Ortsverein mit seinen nur rund 170 Mitgliedern. Und: Wer ist unter diesen Vorzeichen überhaupt noch bereit, sich die sozialdemokratische Kapitäns-Mütze aufzusetzen?