Streit um die Altstadt-Terrassen

Die Stadt greift nun bei der Einhaltung der Nachtruhe in den Gaststätten stärker durch — sehr zum Ärger der Kempener Wirte.

Kempen. Als eine seiner Kellnerinnen Ralf Violonchi, Chef des „Manythron“ am Buttermarkt, am Freitagmittag erzählte, dass sich das Ordnungsamt für den Abend zur Kontrolle angemeldet hätte, glaubte er erst an einen schlechten Scherz. Als dann aber gegen 23 Uhr die Beamten auf seiner Terrasse standen, war ihm nicht zum Lachen zumute.

Zahlreiche Gaststätten in der Altstadt suchte das Ordnungsamt am Freitag und Samstag auf und drohte mit Bußgeldern, sollte die Bewirtung in den Biergärten nicht eingestellt werden. Denn die Konzession für die Außenbewirtung gilt in Kempen nur bis 22 Uhr.

Für die Wirte zu früh: „Meine Gäste sagten ganz klar, dass sie lieber nach Hause gehen, als drinnen zu sitzen“, so Violonchi. Also beugte er sich der Anordnung nicht, schloss seine Terrasse erst gegen 1.30 Uhr — und muss nun mit einem Bußgeldbescheid rechnen. Bis zu 5000 Euro drohen laut Landesemissionsschutzgesetz, bei mehreren Verstößen sogar der Entzug der Konzession.

„Bisher gab es nie Probleme. Wenn Leute sich beschwerten, hat man den Betreffenden einfach angesprochen“, sagt Violonchi. Dieser Meinung ist auch Dino Tonel, Chef der Kneipe „Falko“: „Eigentlich war das Ordnungsamt immer recht kulant, warum man jetzt die Muskeln spielen lässt, verstehe ich nicht.“ Durch die Verschärfung der Nichtrauchergesetze hätten es sie Wirte ohnehin schwer, die Raucher stünden nun erst recht draußen.

Doch nicht nur die Wirte, auch viele Gäste haben kein Verständnis für die plötzliche Strenge der Verwaltung. Das zeigen zahlreiche Kommentare auf der Facebook-Seite der Stadt. Dort meldete sich dann am Montag auch die Verwaltung zu Wort: „Mit Verwunderung“ habe man die „ausufernde Diskussion“ verfolgt.

„Ohne extreme Ausreißer in Punkto nächtlicher Lautstärke — ob nun durch ausdauernde Kneipenbesucher oder Jugendliche — gäbe es auch gar keine Beschwerden von Anwohnern“, so die Stadt in ihrer Stellungnahme.

Die Schuld für die scharfen Kontrollen gibt sie den Wirten selbst: „Wenn sich Gäste und Wirte ganz einfach an die Vorgaben der nächtlichen Ruhe halten würden, würden sicher auch die Anwohnerbeschwerden deutlich weniger und das Ordnungsamt müsste — wie früher — nur ab und an mal bei einzelnen auf die strengeren Bestimmungen der Konzession hinweisen.“

Es habe in letzter Zeit vermehrt Beschwerden gegeben, auch weit nach 24 Uhr seien noch Gäste vor den Gaststätten bedient worden. Zudem „könnten die gestörten Anwohner die Stadt verklagen“, sollte die nicht für die Einhaltung der Regelungen sorgen.

„Wie kann man, wenn sich eine Handvoll Menschen beschweren, die ganze Stadt bestrafen?“ entgegnet dem Ralf Violonchi. „Es sind ohnehin nur wenige Tage im Jahr, an denen man draußen sitzen kann.“ Die Stadt werbe auf ihrer Homepage mit ihrer Attraktivität, mit „mediterranem Flair“, da passe dieses Verhalten nicht ins Bild.

Zudem seien es gar nicht unbedingt die Gäste der Kneipiers, die für die nächtlichen Störungen verantwortlich seien: „Häufig sind es Jugendliche, die sich im Park betrinken und dann laut werden“, sagt Violonchi. „Die höre ich ja nachts um vier Uhr selbst.“ Und die würden auch mit dem Schließen der Terrassen nicht verschwinden. „Mal sehen, was nächstes Wochenende passiert“, sagt Dino Tonel. Dann soll es nämlich wieder warm und sonnig werden.