Grefrath Tiere und Pflanzen erobern die Niers zurück
Der Wasser- und Bodenverband hat den Fluss auf einer Länge von rund 160 Metern renaturiert.
Oedt. Am Sonntagvormittag marschierte eine kleine Gruppe vom Parkplatz an der Burg Uda zur Zweikanal-Mündung. Dort hat der Wasser- und Bodenverband der Mittleren Niers auf rund 160 Metern Länge eine Gewässer-Renaturierung vorgenommen. Der Bereichsleiter Technik, Hans-Josef Windbergs, und Sprecherin Dagmar Spona erläuterten die Maßnahme vor Ort.
Aus einer Laune heraus waren die Bagger dort im Frühjahr nicht vorgefahren — die Arbeiten stehen vielmehr im Zusammenhang mit der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. „Die Maßnahme auf einer Fläche von gut 2500 Quadratmetern ist noch nicht bis auf den letzten Cent abgerechnet, was ich aber sagen kann, ist, dass es einen Landeszuschuss in Höhe von 100 000 Euro gegeben hat“, erklärte Spona. Dass das Geld sinnvoll angelegt ist, zeigte sich schon, nachdem erste Erdarbeiten erfolgt waren: Aufgrund anhaltender Regenfälle waren die vier neu angelegten „Inseln“ zwischen dem Zweigkanal und dem Graben 16.1 kaum noch zu sehen gewesen: Das bedeutet, dass das neu modellierte Gelände bei Hochwasser als Retentionsfläche zum Abfließen taugt. Die Ufer sind bewusst flach gehalten.
Zum bestehenden Haupt- kam ein gleichberechtigtes Nebengerinne hinzu, das an vier Stellen mit dem Hauptstrom in Verbindung steht. Es ist geschwungen, schnurgerade war gestern. So wird die Fließgeschwindigkeit reduziert.
Erstaunlich, wie schnell die Natur von dieser Fläche Besitz ergriffen hat: Eine Schwanenfamilie lässt sich immer wieder blicken. Aber die Tiere, die aus Sicht der Landesregierung am wichtigsten sind, sind mit bloßen Auge kaum zu erkennen. Diese Organismen werden sich über das Totholz freuen, das gezielt platziert wurde: „Es sorgt für unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten, so dass sich viele unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten ansiedeln. Dadurch, dass es sich um ein fließendes Gewässer handelt, ist keine Mückenplage zu erwarten“, erfuhren die Teilnehmer der Führung.
Was sie überraschte: Das ausgebaggerte Erdreich darf nicht auf den Feldern ringsherum aufgebracht werden wegen möglicher Belastung mit Schadstoffen. Eine Entsorgung wäre teuer gewesen: Zum Glück braucht die Pipeline-Gesellschaft Erdreich, um die Abdeckung der Gasleitungen zu erhöhen. So habe der Wasser- und Bodenverband sogar Geld für den Aushub erhalten. „Es geht um unterschiedliche Akteure mit unterschiedlichen Interessen — keiner kann 100 Prozent vom Kuchen abhaben“, erklärte Windbergs.
Die Arbeit des Verbandes stellt also einen Kompromiss dar nach Abwägung der Interessen unter anderem der Landwirtschaft, des Naturschutzes, der Wohnbebauung und der Ökologie.
Manfred Wolfers senior war begeistert: „Wir haben eine sehr schöne Landschaft vor der Haustür — das ist ein nicht zu unterschätzender Wohlfühlfaktor.“ Sprach’s und fotografierte den Graureiher, der die Gruppe aus sicherer Entfernung beobachtete.