Kaum setzt die bekannte Titelmelodie von „Miss Marple“ ein, da schiebt sich auch schon der Vorhang beiseite. Die Bibliothek eines alten englischen Landhauses wird sichtbar – mit gewaltigen Bücherregalen, einem Sessel mit Stehlampe, einem Tisch mit pompösen Stühlen und einem Servierwagen voller alkoholischer Getränke. Plötzlich schiebt sich ein Teil der Bücherwand auf, und eine Person in Latzhose, eine Kapuze über dem Kopf und eine Maske vor dem Gesicht, taucht auf. Der Vermummte, gespielt von Antonia Rögels, ist eindeutig auf der Suche nach etwas.
Sekunden später sind im Saal des Tönisberger Pfarrheims die ersten lauten Lacher zu hören: Notarin Globenhauer (Jenna Clemens) hat die Bibliothek betreten, und der Vermummte, der nicht mehr verschwinden kann, stellt sich mit ausgestreckten Arm vor die Bücherwand, was Globenhauer veranlasst, ihren Mantel an den vermeintlichen Garderobenständer zu hängen, um sich danach, sehr zur Belustigung der Zuschauer, am Servierwagen reichlich bei den Getränken zu bedienen.
Mit blumigen Worten setzt die Notarin die Zuschauer dabei über die aktuelle Lage in Kenntnis: Graf Biggelsworth ist verstorben, die buckelige Verwandtschaft rückt an, und sie als Notarin hat das Testament und weiß genau, wer sich freuen darf. „Am Testament kann man genau den Beliebtheitsgrad ablesen“, erklärt sie. Doch dann fällt ein Schuss - die Notarin ist tot.
Damit nimmt die Komödie „Der Tod kommt im Flanellhemd“ von John Schöllgen seinen Lauf. Elf Darsteller der Tönisberger Bretterbühne brillieren am Premierenabend in ihren Rollen und mimen schrullige Figuren, ob nun die Gräfin (Elisabeth Iven) in ihren blauen Stützstrümpfen, Sohn Vincent (Torsten Bednorz) mit seinen goldenen Gucci-Schuhen sowie später im Bademantel mit Haarnetz und Pantöffelchen oder sein Bruder James (Frank Heesen), der mit seiner Verlobten Nora (Petra Goak) anreist, oder Tante Deborah (Ursula Haffmanns). Herrlich anzusehen: Tobias Klug in der Rolle des Dieners Eloquentin mit seinem Buckel, der an Quasimodo erinnert und Leichen einfach unter weißen Tüchern mit dem Kommentar „Weg“ verschwinden lässt, während Dienstmädchen Pop (Isabell Thelen) findet, dass die Leiche weg müsse, sonst würde noch jemand drüber stolpern und sich das Genick brechen.
Ein Vermummter, der mit Strick in der Hand wieder durch die Bücherwand auftritt. Ein verschwundenes Testament und ein Ermittlerduo – hier treten Friedhelm Wegert als Gustafson und Iris Tophofen als Streep in Erscheinung –, das in jedem einen Verdächtigen sieht, denn ein Mordmotiv haben sie allesamt. Ein unterhaltsames Stück, dass den englischen Krimi auf die Schippe nimmt und bestens inszeniert daherkommt. Alle acht Aufführungen sind bereits ausverkauft.