Tönisvorster Tacheles am WZ-Kicker
Jetzt nutzten die Fußballvereine aus Vorst und St. Tönis ihre Redezeit in der Küche der Kempener WZ-Redaktion.
Tönisvorst/Kempen. „Kickern, lass das mal die anderen machen“, sagte Hans Engelmann, Zeugwart des SV St. Tönis, noch, während er und Finanzwart Heinz-Gerd Stroecks auf die anderen Vereinsvertreter aus Tönisvorst warteten. Als das Gästequintett vollzählig ist und in der WZ-Küche an den Kickertisch tritt, weicht die Skepsis schnell fröhlicher Spielfreude: Engelmann und Stroecks auf der einen Seite, Markus Hagedorn, Abteilungsleiter Fußball bei DJK Teutonia sowie die SV-Vorst-Vorsitzenden Michael Nöhles und Ulrich Hövelmann, der außerdem noch Jugendwart des Vereins ist, auf der anderen Seite. Sie alle sind der dritten Einladung zum Kicker-Talk in den Redaktionsräumen der WZ an der Moosgasse in Kempen gefolgt, um von ihren Sorgen, Erfolgen und Plänen zu erzählen.
Der SV St. Tönis ist am Tisch in Unterzahl, aber hochkonzentriert. Als der Torwart des SV Vorst einen Schuss pariert, ruft der St. Töniser Hagedorn noch anerkennend und ortsübergreifend: „Nöhles, die Katze!“ Doch kurz darauf fällt das erste Tor. Und Engelmann legt kurz darauf nach und schießt aus dem eigenen „16-Zentimeter-Raum“ die Kickerkugel ins Tor der Mixed-Mannschaft. Beim 2:0 ist das Foto im Kasten und auch schon Schluss, denn es gibt viel zu bereden - im Allgemeinen und im Besonderen.
„Die Stadt Tönisvorst ist keine sportfreundliche Stadt. Das ist meine persönliche Meinung.“ Das sagt Heinz-Gerd Stroecks, der Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes des SV St. Tönis ist. Er hat kein Verständnis dafür, dass die Sportlerwahl, die Ehrenamt und Sportler der Stadt einmal im Jahr auszeichnete, gestrichen worden ist. „Das war immer ein positives Feedback fürs Ehrenamt. Da fragt man sich doch, welche Wertigkeit der Sport für die Stadt hat.“
Mit der Meinung steht Stroecks nicht allein. Markus Hagedorn, Abteilungsleiter Fußball bei DJK Teutonia St. Tönis, nickt: „Ehrenamt wird nicht mehr honoriert. Da gibt’s eher einen Tritt in den Allerwertesten.“ Für viele Ehrenamtliche in den Vereinen sei das mittlerweile ein „Fulltime-Job“, sagt Stroecks. „Ich verbringe täglich zweieinhalb Stunden damit.“ Hövelmann kommt an manchen Tagen auf vier bis fünf Stunden. Hagedorn pflichtet ihnen bei: „Ohne berufliche Selbstständigkeit wäre das nicht zu schaffen.“
Die Auflösung des Stadtsportverbands bedauern alle. Michael Nöhles: „Das war lange eine Solidargemeinschaft, die die Vereine mit Geldern unterstützt hat.“ Jetzt kümmern sich die Vereine selbstständig um Zuschüsse und Sponsoren. Das hat auch mit der geänderten Mittelvergabe der Sparkassenstiftung zu tun. „Mittlerweile muss man ungehörig tingeln, um von Sponsoren zu leben“, sagt Stroecks. Sein Verein rechne daher vor allem mit den Mitgliedsbeiträgen. Die Aufnahme von Darlehen lehnt er ab, „solange ich Finanzwart bin. Wir sehen uns als Breitensportverein. Wir können unsere Erste Mannschaft aus der eigenen Jugend bestücken. Wir zahlen nichts an Spieler, und wir kaufen auch keine ein.“ Engelmann hebt hervor: „Wir haben eine große Harmonie im Verein.“
Hagedorn geht für die Teutonia einen anderen Weg. „Wir können Sponsoren etwas bieten. Die St. Töniser Geschäftswelt nimmt unser Konzept an.“ Man habe nicht zuletzt durch die 1. Mannschaft in der Landesliga „eine hohe Medienpräsenz. Die Landesliga ist ein Brett.“ Man müsse bei der Sponsorensuche „penetrant sein“. Um Investitionen tätigen zu können, nehme der Verein auch Geld auf.
Der SV Vorst macht in Sachen Sponsoring auch die eher frustrierenden Erfahrungen des SV St. Tönis. Nöhles: „Die Resonanz ist schwach. Aber wir kommen zurecht.“ Die Bittstellerei bei großen Firmen im Ort hat der SV abgehakt. „Den einen großen Sponsor finden Sie nicht mehr.“
Als sehr gut bezeichnen die drei Tönisvorster Vereine die Hilfe untereinander, was die Absprache von Trainingszeiten und Hallenstandorten angeht. Weil Flüchtlinge in der Hans-Hümsch-Halle und an der Gelderner Straße untergebracht sind, mussten Vereine und Abteilungen zusammenrücken. Auch zwischen Vorst und St. Tönis klappt’s im besten nachbarschaftlichen Einvernehmen, etwa als Teutonia in der Bauphase für den Kunstrasenplatz war.
Nachwuchssorgen plagen die drei Vereine nicht. Vorst ist im Mädchenfußball ein Magnet. Fusionsgedanken hegen die Vereine nicht. Die Vorster behaupten ihre „Insellage“, SV St. Tönis und Teutonia haben vor drei Jahren Gespräche geführt und beendet. Stroecks: „Wichtig ist, dass man sich noch in die Augen gucken und grüßen kann.“