Verloren im Netz? Künstler haben Durchblick

Eine neue Ausstellung im Kulturforum beschäftigt sich mit den Chancen und Gefahren des Internets. Bei einer heiteren Vernissage wurde gestern deutlich, dass „mindestens die NSA bescheid weiß“.

Kempen. „Es ist ein Thema, das uns alle angeht. Denn man sollte vor den Gefahren des Netzes auf der Hut sein, kann aber auch seine Vorteile nutzen“, sagt Doris Morawietz, Kuratorin der Kempener Museen. „beobachtet be-Obacht-@“ heißt das Thema, mit dem sich zwölf Künstler und Gäste der Gruppe „Form-Art ‘93“ seit einiger Zeit beschäftigt haben. Die vielfältigen Werke, die dabei entstanden sind, wurden gestern im Rahmen einer Vernissage im Kulturforum vorgestellt. Neben unterschiedlichen Eindrücken bietet die Ausstellung auch Platz zum Nachdenken.

Verloren im Netz? Künstler haben Durchblick
Foto: Kurt Lübke

„Wie haben sie die Einladung erhalten? Als E-Mail? Dann weiß mindestens die NSA bescheid“, sagt Lydia Paggen, die gemeinsam mit Christel Tarras einen lustigen Einstieg in das Thema gab. Ihre Kabarett-Einlage „Heute schon gegoogelt?“ spielte mit den Gegensätzen, den Vor- und Nachteilen des Internets und der Technik. Das Wort „beobachtet“ zerlegten Paggen und Tarras mit Hilfe von Enkel Philipp (11) in seine Bestandteile. Denn auch die Worte „Obacht“ und „betet“ sind darin enthalten. „Das wird aber erst deutlich, wenn man sich damit auseinandersetzt“, sagt Tarras.

Auch die Kunstwerke entschlüsselten in vielerlei Hinsicht das, was in der heutigen Zeit oft verborgen bleibt. Die wohl größte Installation mit dem Namen „verloren im Netz“ zeigt Form-Art ‘93-Mitglied Reinhold Heik. Zu sehen ist ein großer Holzkubus, der von einem Netz durchzogen ist. Inmitten dieses Gebildes hängt ein Mensch. „Es zeigt die totale Kontrolle, die das Netz über uns hat“, erklärt Heik. „Das Internet hat viele Vorteile, man verliert aber auch schnell die Bodenständigkeit. Denn man kann alles löschen, doch nichts geht verloren.“

Künstlerin Marguen Binzen hat sich über die analoge Fotografie an das Thema Beobachtung herangewagt und zeigt zehn unbearbeitete Aufnahmen in der Ausstellung. „Auf den Bildern sieht man die symbolische Übertragung des Internets“, so Binzen. Ihre Werke mit Titeln wie „Firewall“, „AntiVir“ oder „Netzwerk“ laden zum Verweilen ein, denn das ursprüngliche Motiv ist kaum zu erkennen. „Es soll auch gar nicht erkannt werden“, erklärt Binzen. „Die Bilder sollen wirken und über den Titel einen anderen Blick auf das Netz geben.“

Ganz anders hat sich Peter Busch mit dem Thema auseinandergesetzt. Sein „Gugel“ ist eine menschengroße Figur, die dem Betrachter mystisch und auf den ersten Blick unheimlich erscheint. Denn sie ist aus einem Sammelsurium an Gegenständen zusammengesetzt „Der Gugel ist ein Spitzel. Er weiß alles, kommt überall hinein, sammelt und ist neugierig“, sagt Busch. „Das Visier macht ihn anonym und übertragbar.“

Mit klassischer Ölmalerei hat Gastkünstlerin Stephanie Lenders verschiedene Perspektiven der Beobachtung auf die Leinwand gebracht. Als Beobachter sitzen kleine Drahtmännchen auf ihren Bildern, die mal von einem Zaunpfahl, mal wie eine Ameise auf die Landschaften blicken.

Mit den beiden Werken „. . .For your eyes only. . . 1 und 2“ hat Jürgen Hemkemeyer die Materialität des Holzes ins Spiel gebracht. Ein großes, hölzernes Auge thront in der Mitte des Ausstellungs-Raumes und beobachtet die Besucher. Eine Gemeinschaftsarbeit von Klaudia Hummen und Hanne Tesche erschwert dem Besucher als Beobachter wiederum durch eine milchige Glaskuppel die Sicht auf eine Kampfszene.