Vom kleinen Ferkel bis zum Eber Boris
Wie geht es in einem Schweinestall zu? Antworten auf diese Frage haben die Erstklässler der Grundschule St. Hubert im Betrieb von Jörg Boves erhalten.
St. Hubert. „Pst, leise“, ist eine Stimme inmitten der aufgeregten Kinderschar zu vernehmen. Für einen Moment wird es wirklich stiller. Alle schauen gespannt auf die noch geschlossene Tür. Doch als sich diese öffnet, ist es mit der Ruhe vorbei. Der Blick fällt auf unzählige kleine rosa Schweinchen, die teils dicht an dicht an ihren Müttern liegen und saugen, teil um die Muttertiere herum tollen — mit noch recht tapsigen Bewegungen.
„Wie niedlich“ — die Kinderschar drängt in den Abferkelstall. Den Tieren macht die lautstarke Begrüßung indes nichts aus. Sie bleiben völlig gelassen. Landwirt Jörg Boves, der mit den Kindern im Mittelgang steht, greift über die Abtrennung und holt ein Ferkel heraus. „Wer möchte es einmal streicheln?“ Philip kann sich nicht so recht entscheiden. Zögernd schiebt der Sechsjährige seine Hand vor, um sie nach kurzer Verweilpause über dem Rücken des Ferkels blitzschnell wieder zurückzuziehen. Hanna kennt keine Berührungsängste. Vorsichtig streichelt die Sechsjährige über den Rücken des Ferkels.
Der St. Huberter Landwirt Bovert lädt seit nunmehr vier Jahren die Erstklässler der örtlichen Grundschule einmal im Jahr auf seinen Schweinezuchtbetrieb ein. Der Erstkontakt kam über die eigene Tochter. Ihre Klasse hatte im Unterricht das Thema Bauernhof behandelt. „Da bot es sich an, einmal einen Hof zu besuchen“, erinnert sich Boves. Die Grundschule war über das Angebot begeistert und nahm es mit Freude an. Daraus ist eine Tradition entstanden. In diesem Jahr waren alle drei ersten Klassen an einzelnen Terminen vor Ort, um dann in Kleingruppen durch die Ställe zu gehen.
Inzwischen traut sich auch Philip an die Schweinchen heran. Denise strahlt ganz besonders, denn Martin Kemper, Tierwirt Schweinehaltung, hat ihr ein Ferkelchen auf den Arm gelegt, das die Siebenjährige behutsam festhält. „Das sind drei Tage alte Ferkel. Eine Sau hat durchschnittlich 15 Nachkommen“, erklärt derweil Jörg Boves. Lennart interessiert sich für die Ohrmarken, die die Muttertiere tragen. Und Zenia möchte wissen, was die Sauen zu fressen bekommen.
Der Wissensdrang der Grundschüler ist groß. Alle möchten mehr über die Tiere und die Haltung wissen. „Für die Kinder ist es lehrreich einmal live zu sehen, wie die Tiere leben und groß werden. Sie erfahren hier, wo das Essen herkommt. Immer, wenn wir das Thema Bauernhof haben koppeln wir den Besuch bei Boves daran“, sagt Grundschullehrer Christian Heitland.
In den Stallungen ist die Kleingruppe nach dem Abferkelstall und dem „Kindergarten“, wie Boves die Laufställe für die Jungferkel beschreibt, inzwischen bei Eber Boris gelandet. Das rund 300 Kilogramm schwere schwarz-weiße Tier, das gerade seine Mittagsration verspeist, wird bestaunt. Dass aus einem kleinen Ferkel ein solcher Brocken werden soll, können sich die Kinder fast nicht vorstellen.