Serie „Unsere Pfarrer“ Das Pfarramt lässt nur wenig Freizeit zu

Breyell. · Pfarrer Christoph Helbig sieht sich dem persönlichen Kontakt zur Gemeinde verpflichtet.

 Seit fast 20 Jahren steht Christoph Helbig der evangelischen Kirchengemeinde Bracht-Breyell vor. Privat hört er gerne Jazz und Klassik.

Seit fast 20 Jahren steht Christoph Helbig der evangelischen Kirchengemeinde Bracht-Breyell vor. Privat hört er gerne Jazz und Klassik.

Foto: Knappe, Joerg (jkn)

Gewarnt hatte man ihn: „Eine alte Frau meinte zu mir, Breyell sei der letzte Ort vor der Hölle“, erinnert sich Christoph Helbig und lacht. Das war vor 19 Jahren, kurz bevor er seine Stelle als Pfarrer der evangelischen Gemeinde in dem Nettetaler Stadtteil antrat. Höllische Erfahrungen allerdings habe er seitdem keine gemacht, im Gegenteil. „Ich komme aus dem Bergischen Land, musste mich gar nicht groß umstellen. So viel anders ist es am Niederrhein nun auch nicht. Alles Rheinland eben, ich bin gern bei den Menschen hier“, sagt Helbig.

Der 54-Jährige sitzt im Gemeindehaus am großen Tisch und erzählt. Dabei wirkt er dynamisch, lacht und flachst, um doch immer wieder innezuhalten, lächelnd von „Gottes Sache“ oder der „Nachfolge Jesu Christi“ zu sprechen. Humor und Ernsthaftigkeit scheinen sich bei ihm nicht auszuschließen. „Kirche muss ein Haus sein, das lebt“, erklärt in Anspielung auf das Kirchenlied „Gott baut ein Haus, das lebt“.

Pfarrer von Breyell, das heißt auch Pfarrer von Speckerfeld: Kirche und Gemeindehaus, das auch ein Treffpunkt für geflüchtete Menschen ist, liegen mitten zwischen dem gutbürgerlich geprägten Ortskern und dem sogenannten Problemviertel Speckerfeld, in dem viele Zugewanderte wohnen, von denen sich einige schwertun mit Verständigung und Integration. „Probleme, ja, anfangs vielleicht mehr, aber das gehört zur Seelsorge, für mich sind alle in der Gemeinde gleich“, betont Helbig, der nicht nur für Breyell zuständig ist.

„Ich bin Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Bracht-Breyell“, erklärt er. Seit der Kommunalreform sei das ein kompliziertes Konstrukt: Bracht gehöre nicht zu Nettetal, aber wie Breyell noch immer zum Kirchenkreis Krefeld-Viersen. Bracht sei jedoch auch Ortsteil der Gemeinde Brüggen, die wiederum zum Kirchenkreis Gladbach-Neuss gehöre. Laut Helbig spielt das „im Alltag keine große Rolle“. Allerdings gebe es Unterschiede, so sei Bracht „sehr ökumenisch geprägt“, beide Konfessionen haben ein gemeinsames Pfarrheim.

Die Zusammenarbeit mit der katholischen Gemeinde laufe gut

Und die Ökumene in Breyell? „Einerseits ist das hier nicht das alles beherrschende Thema, andererseits könnte es kaum besser laufen, wir haben zusammen Gottesdienste und Seniorennachmittage. Pfarrer Puts und ich sind oft gemeinsam bei Veranstaltungen“, führt Helbig aus. Bei einem Besuch seines katholischen Kollegen Günter Puts im Gemeindehaus umarmen sich die beiden freundschaftlich, fachsimpeln und scherzen miteinander. „Gib zu, du beneidest mich doch um meine hübsche Partnerin“, stichelt Helbig. Was den von Amts wegen ehelosen katholischen Pfarrer nur müde lächeln lässt. Die beiden können offensichtlich gut miteinander, dienstlich und privat.

Aus seinem Privatleben macht Helbig kein Geheimnis. „Ich bin geschieden, nun in einer glücklichen Beziehung, das genieße ich sehr“, sagt er. In der wenigen freien Zeit, die er hat, höre er gern Musik, Jazz und Klassik zum Beispiel. „Auch ein Diener Gottes muss mal Zeit haben für sich“, sagt Helbig und schmunzelt. Doch seine Freizeit ist knapp bemessen. „Die Kirche steht überall vor großen Herausforderungen“, sagt Helbig.

Was ihn umtreibt, ist die Frage, wie Kirche die Menschen erreichen könne. „Heutzutage muss das auch digital funktionieren, aber in der Gemeindearbeit und in der Seelsorge muss ich direkt, analog sozusagen, mit den Leuten kommunizieren“, sagt Helbig. Jesus sei auf Wanderschaft gewesen. „Und in der Nachfolge Jesu muss ich zu den Menschen gehen“, sagt er.

In der Gesellschaft sei Verein­samung ein großes Problem, als Pfarrer müsse er mit den ehrenamtlich engagierten Gemeindegliedern darauf achten, dass niemand einsam sei. Dabei steht für Helbig fest: „Im Mittelpunkt meiner Arbeit, überhaupt in der Gemeinde, ist das Wort Gottes, und damit auch der Gottesdienst.“