Schäfer im NABU-Naturschutzhof Nettetal „Von Schafen kann der Mensch eine Menge lernen“
Nettetal · Er ist Herr über 800 Schafe. Der Schafhirte Maik Dünow spricht auf Einladung der Volkshochschule über die enge Beziehung zu seinen Tieren, Wolfsangriffe und warum er seine Schafe selber schlachtet.
Seit Jahrtausenden gibt es den Beruf des Schäfers. Der Hirte, der mit seiner Herde und den Hütehunden ruhig auf einer Wiese steht, ist uns als Bild vertraut. Er wirkt einsam. Aber wie ist das Leben eines Schafhirten wirklich? Der Schäfer Maik Dünow aus Wesel spricht morgen auf Einladung der Volkshochschule in im NABU-Naturschutzhof Nettetal über seinen Beruf und auch über die Frage, wie alleine er sich fühlt.
Er hat eine Herde mit 800 „deutschen schwarzköpfigen Fleischschafen“. Diese Rasse ist eine kräftige, robuste Züchtung. „Sie eignet sich für Wolle, Fleisch und den Naturschutz“, erklärt Dünow. Die Schafe halten zum Beispiel das Gras auf den Deichen am Rhein kurz. Dort kommt kein Rasenmäher hin.
Zur Herde gehören auch Border-Collies und altdeutsche Hütehunde. Sie bewegen die große Herde von einem Ort zum anderen. Ebenso wichtig sind für Dünow seine Pyrenäen-Berghunde, die die Herde vor Wölfen beschützen. Im Jahr 2018 wurden 40 seiner Schafe durch Wölfe verletzt und getötet. In der Region, in der Dünow arbeitet, ist das Wolfsgebiet Schermbeck. Es war das erste Gebiet in Nordrhein-Westfalen, in dem sich Wölfe angesiedelt haben. Sie kamen aus Niedersachsen und Brandenburg. Inzwischen haben sie schon Rudel gebildt und Welpen bekommen. „Mir sind sie aber egal“, sagt der Schäfer, „solange sie keinen Schaden in meiner Herde anrichten. Seit ich die Schutzhunde angeschafft habe, können die Wölfe zum Glück nichts mehr ausrichten.“
Ob er eine persönliche Bindung zu seinen Tieren hat? „Natürlich“, sagt Dünow. „Wenn die Tiere das nicht spüren, kann man es vergessen. Dann würden sie mir nicht folgen.“
Einsam fühlt er sich nie. „Ich bin doch immer unter den Tieren.“ Er mag es, dass er seine Entscheidungen selber treffen kann. „Aber man muss auch akzeptieren, was die Tiere wollen.“ Zum Beispiel grasen Schafe bei Regen nicht lange an einer Stelle, weil es dort schnell matschig wird. Dann ist der Schäfer mehr mit ihnen unterwegs. Das ist bei strömendem Regen zwar nicht gemütlich, aber für Dünow ist das dann halt so. „Ich kann nicht gegen den Instinkt meiner Tiere arbeiten. Ein Schäfer muss für seine Schafe da sein. Sonst ist er kein Schäfer“, stellt er klar.
Schafe sind für ihn fast wie Menschen. „Man kann von ihnen eine Menge lernen.“ Es gebe Schafe, die sich gut verstehen und andere, die sich nicht riechen können. „Aber sie geben keine Widerworte und wenn ich viel mit Menschen zu tun hatte, kann ich mich bei ihnen entspannen.“
Für Dünow ist auch klar, dass Schafe denken können. „Aber das Schaf lebt im Hier und Jetzt. Wir Menschen machen uns viel zu viele Gedanken über die Zukunft.“ Meist komme es ja sowieso ganz anders. Ein Schaf habe da eine andere innere Ruhe.
In diesem Jahr hatte der Schäfer große Sorgen wegen der Blauzungen-Krankheit, die seine Herde heimgesucht hat. „Das ist eine Seuche, vor der man sich fast nicht schützen kann.“ Er musste einige Tiere einschläfern lassen. „Da ist das Schäferherz sehr, sehr traurig.“
Dass er seine Herde nur gut versorgen kann, wenn auch regelmäßig Tiere geschlachtet werden, steht für ihn auf einem anderen Blatt. Es gehört für ihn zum Kreislauf des Lebens einfach dazu. Er hat entschieden, seine Tiere selbst zu schlachten. Schlachtlämmer werden sieben bis acht Monate lang, Mutterschafe leben sechs bis sieben Jahre. Erst betäubt er die Tiere, dann schneidet er ihnen die Kehle durch, „so wie man halt jedes Tier schlachtet“.
Warum er das selber macht? Die Vorstellung, dass seine Tiere auf einen Anhänger geladen werden, Angst bekommen und womöglich nicht gut behandelt werden, ist ihm ein Gräuel. Dünow ist wichtig, dass für seine Tiere alles ordentlich abläuft. Oder rmit den Worten eines leidenschaftlichen Schäfers: „Ich will von der Geburt bis zum Tod die Verantwortung für meine Schafe übernehmen.“