Stadt will Asylheime weiter nutzen
Obwohl jeder zweite Asylantrag anerkannt ist, haben noch immer viele Flüchtlinge in Nettetal keine Wohnung.
Nettetal. Die Sorgen waren groß: „So etwas Dramatisches habe ich noch nicht erlebt“, sagte Willi Pollmanns (CDU) angesichts der großen Flüchtlingswelle, die nach Nettetal überschwappte. Das ist nicht einmal zweieinhalb Jahre her, damals traf sich der Ausschuss für soziale Angelegenheiten zu einer Sondersitzung: Notunterkünfte mussten her, um Hunderte geflüchtete Menschen zumindest provisorisch — und doch menschenwürdig — unterzubringen. Mittlerweile hat sich die Situation umgekehrt. Die Stadt steht vor neuen Herausforderungen: Manche Notunterkünfte werden nicht mehr gebraucht, die meisten der damals mehr als 500 Neuankömmlinge sind hier inzwischen sesshaft, suchen Wohnungen.
„Von 690 geflüchteten Menschen in Nettetal sind 421 anerkannt“, berichtete Beigeordneter Armin Schönfelder in der jüngsten Ausschusssitzung. Demnach war bei mehr als der Hälfte von ihnen der Asylantrag erfolgreich. Der Sozialdezernent nannte weitere Zahlen, die die Entwicklung verdeutlichen: Unter den übrigen 269 Geflüchteten seien etliche, deren Asylverfahren negativ ausgegangen sei und die nur vorübergehend geduldet seien. „Sie haben hier langfristig keine Perspektive“, stellte Schönfelder klar. Von denen, deren Asylverfahren noch laufe, stammen laut Schönfelder die meisten aus dem Irak und Afghanistan, weitere Herkunftsländer seien vor allem Nigeria, Armenien und Syrien.
Was diese Zahlen und Statistiken für Veränderungen und Konsequenzen für das Leben in der Stadt bedeuten, wollte Christa Banck (SPD) wissen: „Bleiben zum Beispiel die Notunterkünfte erhalten?“ Schließlich seien von den mehr als 450 Plätzen in den Einrichtungen nur noch etwas mehr als 300 belegt. Tatsächlich könne man, so Schönfelder, „einige Unterkünfte vom Netz nehmen“. So werde etwa das Gebäude an der Bahnhofstraße in Kaldenkirchen derzeit für die Betreuung wohnungsloser Menschen hergerichtet. Bei angemieteten Gebäuden wie dem Kneppenhof in Hinsbeck und an der Industriestraße in Kaldenkirchen liefen allerdings die Miet- oder Pachtverträge noch, man wolle aber mit den Eigentümern noch Gespräche führen.
Weil bei den beiden Unterkünften am Caudebec-Ring in Lobberich von den insgesamt 90 Plätzen nur noch 39 belegt seien, schlug Andreas Zorn (WIN) vor, eins der Gebäude für den sozialen Wohnungsbau freizugeben. Doch Schönfelder gab zu bedenken, dass man die Verteilung der jetzigen Bewohner nach Stand und Herkunft vornehme; da brauche man in den beiden Unterkünften Platz, um alleinstehende Männer, Familien oder Menschen aus Volksgruppen, die sich untereinander nicht verstehen, nicht zusammendrängen zu müssen.
Zudem deutete Schönfelder ein Problem an: In einigen Unterkünften würden noch immer manche geflüchtete Menschen wohnen, deren Asylantrag zwar anerkannte sei, für die jedoch noch keine regulären Wohnungen gefunden worden seien. Platz für Familiennachzug allerdings brauche man kaum, bisher seien da nur 15 Personen registriert, nach dem Verteilungsschlüssel für die Kommunen sei nur wenig Nachzug zu erwarten.
Die neue Situation bedeute eine Umstellung für die vielen ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer sowie für den Koordinator der Ehrenamtler: „Da gibt es geänderte Bedarfe und neue Strukturen“, sagte Schönfelder. So gehe es nun verstärkt um die weitere Integration der geflüchteten Menschen statt um die Betreuung von Neuankömmlingen.
Die Stadt und die vielen Helfer hätten den Zustrom geflüchteter Menschen mit großem Engagement gut bewältigt, sagte CDU-Ratsmitglied Pollmanns. Das sei zu Beginn der sogenannten Flüchtlingswelle, als sich der Ausschuss zu einer Sondersitzung traf, nicht abzusehen gewesen: „Und darum ist das eine sehr erfreuliche Entwicklung.“