Die Finanzkrise betrifft auch das Handwerk

Interview: Stephan Finger, Chef der Kreishandwerkerschaft, beantwortet Fragen zu Auswirkungen auf die örtlichen Betriebe.

Viersen. Fachleute sprechen von einem der größten Desaster der letzten 60 Jahre - und die Folgen sind noch lange nicht alle absehbar. Hat die Finanzkrise auch die rund 3500 Handwerksbetriebe im Kreis Viersen erreicht? Die WZ sprach darüber mit Stephan Finger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen Kreishandwerkerschaft Krefeld-Viersen.

Herr Finger, was bedeutet die Finanzkrise für das Handwerk vor Ort?

Stephan Finger: Sehr viele Handwerksunternehmen sind traditionell Kunden bei Sparkasse und Volksbanken. Diese Institute sind von der Finanzkrise längst nicht so betroffen wie etwa Privatbanken. Deshalb glaube ich nicht, dass unsere Betriebe hier Engpässe fürchten müssen. Und die genannten Institute haben sich in der Vergangenheit glaubwürdig als Partner des Handwerks positioniert. Ich sehe keine Anzeichen, dass sich daran jetzt etwas ändert.

Aber muss der Handwerker nicht damit rechnen, dass die Bank seine Bonität jetzt strenger prüft?

Finger: Tatsache ist, dass die Geldtinstitute die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden, die so genannte Bonität, bereits in den letzten Jahren wesentlich schärfer unter die Lupe genommen haben als früher und häufig auch höhere Sicherheitsleistungen verlangt haben. Ich wüsste nicht, wie das noch gesteigert werden könnte. Dennoch wird die Finanzkrise auch am Handwerk nicht spurlos vorbei gehen.

Inwiefern?

Finger: Kredite dürften teurer werden, zudem befürchte ich, dass vor allem die Privatbanken bei der Kreditvergabe an die Wirtschaft zurückhaltender werden. Das kann zu einer Wachstumsbremse werden, weil es die Investitionstätigkeit der Unternehmen hemmt. Klar, dass davon auch das Handwerk betroffen ist: Wenn große Kunden weniger investieren, erhält das Handwerk weniger Aufträge.

Wie werden sich die Privatkunden verhalten?

Finger: Hier sehe ich das größte Problem. Zurzeit sind die Menschen verunsichert. Das kann dazu führen, dass sie sagen: "Ich sehe mir erst einmal an, wie sich die Dinge entwickeln. Das neue Dach, die Badsanierung, die energiesparende Heizung oder das schicke Auto müssen dann eben noch warten." Wenn sich diese Haltung durchsetzt und die Konsumenten in eine Art Ausgabenstreik treten sollten, wäre das ganz schlecht für die Konjunktur.

Was braucht das Handwerk jetzt am meisten?

Finger: Das, was alle brauchen: Vertrauen, dass es trotz dieser gigantischen Kapitalvernichtung, die wir erlebt haben und noch erleben, weitergeht. Vieles hat mit Psychologie zu tun.

Können Sie das näher erklären?

Finger: In den Gesprächen mit Betriebsinhabern merke ich immer wieder: Viele Handwerker sind im Moment frustriert. Das ist verständlich, denn sie haben schwierige Zeiten hinter sich. Und gerade jetzt, da es aufwärts ging und die Konjunktur nach Jahren endlich wieder spürbar angesprungen war, kommt diese Krise.

Was raten Sie Handwerksunternehmen?

Finger: Sich auf ihre Stärken zu besinnen. Ich kenne ganz viele Betriebe, die sich in den vergangenen Jahren hervorragend aufgestellt haben. Sie kennen die Bedürfnisse ihrer Kunden und haben viel in die Qualität ihrer Arbeit und die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investiert. Das Know-how stellt ein Kapital dar, das keine Finanzkrise der Welt vernichten kann.