Süchteln: Eine Predigt für Millionen

Pastor Peter Dückers ist Fernseh-erfahren. Zum vierten Mal hat das ZDF den Gottesdienst aus St. Clemens übertragen.

Süchteln. Unter einem würdigen Gottesdienst versteht Roland Kretschmer etwas anderes. Der Küster von St.Clemens blickt auf Rollen mit drei Kilometer Kabel, die das ZDF für den Fernsehgottesdienst am Sonntag verlegt hat. Überall stehen sie in der Kirche herum. Bereiche sind mit Flatterband abgesperrt. "Was hat das noch mit liturgischem Raum zu tun?"

Am Donnerstag hatten die Fernsehleute damit begonnen, zig Scheinwerfer anzubringen, den Ü-Wagen zu platzieren und Monitore für die Regie im Jugendraum aufzubauen. "Eine komplette Studioeinrichtung", sagt der technische Leiter Eberhard Filliés. "Wir betreiben für diese Sendung im Verhältnis den gleichen Aufwand wie für Wetten-dass", sagt Manfred Wittelsberger von der Bildregie. Schließlich hat der ZDF-Fernsehgottesdienst übers Jahr gesehen genauso viel Zuschauer wie Thomas Gottschalk, rund eine Million - jeden Sonntag um halb zehn.

Pastor Peter Dückers liest die Messe in St. Clemens. Er ist ein alter Hase. Es ist sein vierter Fernsehgottesdienst. Heute wird er nach der Quote sehen. Zwölf Prozent sind es meistens. Damit sei das ZDF Marktführer, heißt es vom Sender. Beim letzten Mal schafften Dückers und St.Clemens es auf 1,2 Millionen Zuschauer. "Das war Jahresrekord", sagt Martin Korden, der die Sendung seitens der Katholischen Fernseharbeit, einer Einrichtung der Deutschen Bischofskonferenz, betreut. "Mehr Zuschauer hatten nur die Papst-Gottesdienste."

Ob sich der Erfolg diesmal wiederholen lässt, ist fraglich. "Gleichzeitig läuft Formel 1", so Korden. Beim geneigten Publikum dürften die Stimmen des Kinderchors weitaus besser ankommen als das Gepfeife der Rennautos. Auf einem Podest stehen die Kinder, hören auf das Kommando von Organist Bernd Cuypers am Keyboard.

Während Dückers predigt, wie viel Bedeutung der Christ dem Geld einräumen sollte, sitzen vier Beleuchtungstechniker im Aufenthaltsraum. "Wir haben Stromwache", sagt Josef Hauke. Falls der Beleuchtungsmeister im Ü-Wagen einen Fehler entdeckt, müssten sie ran. Mario Dederichs, Elektriker der Niederrhein-Werke, ist dabei. "Wir müssen sicherstellen, dass sie immer Strom haben."

Im Regieraum notiert Redakteurin Anne Kathrin Hagen ins Drehbuch, zu welcher Zeit welche Szene gesendet wird. Auf einem Bildschirm sieht sie vier Bilder, eingefangen von den Kameras, die auf Wagen durch die Kirche rollen. Ein zweiter Bildschirm zeigt, was auch der TV-Zuschauer sieht. Mal ist es der Gekreuzigte auf den Glasfenstern, mal der Pastor, mal die singenden Kinder. "Die vielen Kabel sieht man natürlich nicht", so Küster Kretschmer.

Auch nicht, wie die Regisseurin die Kommunion-Austeilung unterbricht. "Wir haben nur 45 Minuten", so Wittelsberger. Überziehungen werden, anders als bei Gottschalk, nur in Sekunden-Länge geduldet. Wer leer ausgeht, empfängt die Kommunion nach dem Gottesdienst.