Viersen: Großmutter will das Sorgerecht

Nach der Familientragödie im März, bei der ein Mann seine Frau mit Schüssen tödlich verletzte, gibt es Streit um das Kind.

Viersen. Das kleine Mädchen musste eine schreckliche Auseinandersetzung seiner Eltern mitansehen - mit tödlichem Ende. Die Mutter ist tot, der Vater sitzt in Haft. Über die Zukunft der damals Zweijährigen wird jetzt vor Gericht gestritten. Nach dem Geständnis des Vaters soll im März dieses Jahres zunächst seine 36-jährige Ehefrau im Zorn zur Waffe gegriffen und ihm in die Lunge geschossen haben.

Im Kinderzimmer soll der 50-Jährige dann der vor ihm kauernden Frau die Pistole an den Kopf gesetzt und die tödlichen Schüsse abgegeben haben - vor den Augen der kleinen Tochter. Danach rief er die Polizei.

Auf der Tonband-Aufnahme des Telefonats soll im Hintergrund die Stimme des Kindes zu hören sein: "Papa hat die Mama erschossen." Die Mutter starb im Krankenhaus; das Leben des Vaters konnten die Ärzte bei einer Notoperation retten.

Mittlerweile sitzt der mutmaßliche Schütze in Untersuchungshaft. Während die kleine Tochter unter der Obhut des Viersener Jugendamtes in einer Pflegefamilie untergebracht ist, hat die in Mazedonien lebende Großmutter mütterlicherseits per Eilverfahren das Sorgerecht für ihre Enkelin beantragt. Die Entscheidung des Viersener Familiengerichts wird in den kommenden Tagen erwartet.

Eingeschaltet hat sich laut Gericht bereits der mazedonische Vizekonsul aus Bonn. Dem Vernehmen nach soll das Verfahren, vor allem aber das Verhalten des Jugendamtes von der Großmutter kritisch gesehen werden. "In Mazedonien verfolgt man wohl, was sich hier abspielt", sagt ein Gerichtssprecher.

Aus Sicht des Jugendamts jedenfalls habe es keinen Anlass gegeben, das Kind aus der Pflegefamilie herauszunehmen. Rechtlich sei die Lage klar: Der 50-jährige Deutsche habe als Vater des Kindes automatisch das Sorgerecht. Weil er in U-Haft sitze, sei die Tochter unter der Aufsicht des Jugendamts in der Pflegefamilie untergebracht.

Solange sich der Vater in dieser Situation an die Vorgaben hielte, bestünde zunächst kein Grund, an der Regelung etwas zu ändern. "Wir sind engagiert an dem Fall dran. Das Jugendamt vertritt das Wohl des Kindes. Entscheiden wird der Richter", sagt der Beigeordnete Paul Schrömbges.

Wann das Strafverfahren gegen den Vater beginnt, ob überhaupt noch in diesem Jahr, steht noch nicht fest, sagt der Gerichts-Sprecher. Dem Mönchengladbacher Landgericht liegt seit August die Anklage gegen den Mann vor. Demnach geht die Staatsanwaltschaft bei dem Fall von einem Totschlag im minder schweren Fall aus. Der Strafrahmen dafür liegt zwischen einem und zehn Jahren.

Auslöser der Bluttat war laut Geständnis die Streitfrage, ob sich das Paar zum Hochzeitstag beschenken sollte. "Er wollte nichts vom Hochzeitstag wissen, weil es Beziehungsprobleme gab", sagte der Gerichtssprecher.

"Die Frau kam von einem Spaziergang zurück und machte ihm Vorwürfe, weil er kein Geschenk hatte." Der 50-Jährige sagte darauf, dass er sich trennen wolle.

Die Ehefrau lief zu einer Abstellkammer, holte die Schusswaffe des Mannes und das blutige Geschehen nahm seinen Lauf. Dreimal traf der 50-Jährige beim Kampf in der Wohnung das Opfer: Einmal in den Hals, zweimal in den Kopf.