Zur Eröffnung der Feiern zur Gründung des Birgittenklosters in Kaldenkirchen vor 400 Jahren stellte Elvire Kückemanns, Vorsitzende des Bürgervereins Kaldenkirchen, in der Pfarrkirche St. Clemens die Geschichte des Klosters und ihre Bedeutung für den Ort Kaldenkirchen vor. Diese hatte ein Arbeitskreis aus dem Kirchbau-Förderverein der Pfarre St. Clemens, des Kirchenvorstands und des Bürgervereins Kaldenkirchen untersucht. Hieraus entstand eine Planung, mit der vom 26. April bis zum 25. Mai mit Führungen und Vorträgen 400 Jahre Birgittenkloster gefeiert wird.
Wie schnell etwas so Bedeutsames in der Bevölkerung vergessen wird, stellte Kückemanns an den Anfang ihres Vortrages. Wenn jemand noch vor Kurzem in Kaldenkirchen einen Passanten gefragt hätte: „Sagen Sie, wo finde ich denn die Klosterbibliothek?“ hätte wohl so mancher gemeint: „Wie kommen Sie denn darauf? Eine Klosterbibliothek gibt es hier nicht, und ein Kloster schon gar nicht!“ 223 Jahren nach seiner Auflösung sei so etwas aus den Köpfen der Menschen verschwunden.
Wie sie vortrug, wurde der Convent Mariae Fructus (Maria Frucht) 1625 als eine späte Niederlassung des Birgittenordens am Niederrhein gegründet und war für Kaldenkirchen bedeutend und segensreich. Zu dieser Zeit, mitten im 30-jährigen Krieg, lag Kaldenkirchen im Herzogtum Jülich an der Grenze zum Herzogtum Geldern und hatte eine Festung mit Wall und Graben, Stadtmauer und fünf Stadttoren. Damals war der Glauben viel bedeutender als heute. In Kaldenkirchen hatte sich eine calvinistische Gemeinde gebildet mit eigener Kirche. Das Birgittenkloster sollte einen gegenreformatorischen Akzent setzen.
Das Kloster erhielt das Patronatsrecht, bestimmte also den örtlichen Pfarrer. Der erste Pastor war 1625 Jakob Haen, womit die Geschichte des Klosters begann. Birgittenkloster waren sogenannte Doppelkloster, hatten also ein Frauen- und ein Männerkloster, wobei sie durch eine Mauer voneinander getrennt wurden. Die Leitung hatte eine Priorin, ein seltener Fall im Mittelalter, dass sich die Männer einer Frau unterordnen mussten. Das Kloster entwickelte sich rasch, durch Kauf, Tausch und Erbpacht vergrößerte sich der Konvent um die Kirche herum enorm.
1626 wurde der Grundstein für das Frauenkloster gelegt, das heutige Brigittenheim, 1663 entstand das Männerkloster, das heutige Pastorat. Mit der Zeit dehnte sich das Kloster mit zahlreichen Gebäuden weit über den Befestigungswall hinaus aus in Richtung heutigem Marktplatz, Kanalstraße bis hin zum alten Friedhof Ecke Kanalstraße/ Bahnhofstraße, so Kückemanns.
Das Kloster kümmerte sich auch um soziale Belange in der Gemeinde, um das Fürsorgewesen, was es ansonsten damals noch nicht gab. So konnten sich beispielsweise Rentner bis zum Lebensende einmieten und wurden versorgt. Auch Bildung und Schule gehörte zu ihren Tätigkeiten. Eine Schule entstand in dem 1692 und 1697 an der Ecke Klostergasse/Kirchplatz erbauten „Grüters-Haus“. Zur Bildung gehörte auch eine Klosterbibliothek.
1794 wurde das gesamte linksrheinische Reichsgebiet in den französischen Staatsverband eingegliedert. Dies führte 1802 zur Auflösung des Klosters, das also 176 Jahre bestanden hatte. Die dort noch lebenden 16 Männer und 6 Frauen mussten den Ort verlassen. Der Prior Peter Pülgers (1752-1824) deklarierte die wertvolle Bibliothek als Kircheneigentum, nicht dem Kloster zugehörig, sodass sie erhalten blieb. Er selbst wurde in das neu geschaffene Bistum Aachen aufgenommen und 1804 wieder als Kaldenkirchener Pastor eingesetzt.
„Die Bibliothek ist heute die wertvollste Hinterlassenschaft und kulturgeschichtlich das wichtigste Vermächtnis der ehemaligen Kaldenkirchener Klosters“, betonte Kückemanns. Als wertvollste Bücher werden mehrere Bibelausgaben des 16. Jahrhunderts angesehen. „Wir alle sind immer noch da“, so Kückemanns zum Abschluss. „Katholiken und Protestanten, und immer noch vis-á-vis zu beiden Seiten der Straße. Aber ich meine, dass die Straße zwischen uns doch deutlich schmaler geworden ist, eben ökumenischer!“