Kreis Viersen Ausbildungs-Suchende haben immer noch gute Chancen
Kreis Viersen. · Auf 94 Angebote kamen im Arbeitsagentur-Bezirk 100 Bewerber. Dennoch sind in vielen Bereichen noch Ausbildungsstellen offen.
Justin Vos steuert seit einigen Tagen morgens ein neues Ziel an. Statt zum Berufskolleg nach Dülken fährt der 18-Jährige, der aus Brüggen-Bracht stammt, zum Rathaus in Alt-Brüggen. Denn dort ist er nun für drei Jahre Auszubildender. Er will Verwaltungsfachangestellter für die Kommunalverwaltung werden. Es ist für ihn ein Traumberuf, wie er sagt: „Heimatnah und für die Heimat.“
Vos gehört zu den Gewinnern auf dem Ausbildungsplatzmarkt, denn nicht jeder hat eine Lehre in dem Beruf gefunden, den er sich wünschte. Auf der anderen Seite haben nicht alle das Glück der Gemeindeverwaltung Brüggen, die die Ausbildungsstellen besetzen konnte. Auch nach dem Start des Ausbildungsjahres klagen viele Firmen, dass sie für ihre Ausbildungsstellen keine passenden Bewerber gefunden haben.
Die Stelle bei der Gemeindeverwaltung Brüggen war heiß begehrt, denn Vos musste sich gegen 56 Mitbewerber durchsetzen. Bewerbung, Test, Dreier-Gespräch und Einzelgespräch waren die Etappen, mit denen der Nachwuchs auf Herz und Nieren durchgecheckt wurde. „Wir führen dieses aufwendige Verfahren seit einigen Jahren durch“, erläutert Sascha Achten, der stellvertretende Leiter des Personalamtes. Achten weist darauf hin, dass die Verwaltung „bedarfsorientiert und sehr sorgfältig“ auswähle, weil sie die Azubis nach der Prüfung auch gerne übernehme und ihnen weitere Schritte der Qualifikation biete. Für Vos gibt es etwa die Möglichkeit, Verwaltungsfachwirt zu werden.
Ausbildungsmarkt-Experte rät, längere Wege in Kauf zu nehmen
Dazu bringt er gute Voraussetzungen mit, denn nach Jahren auf dem St.-Wolfhelm-Gymnasium in Waldniel ist er zum Wirtschaftsgymnasium im Berufskolleg Dülken gewechselt und hat dort sein Fachabitur abgelegt. Versicherungs- und Industriekaufmann standen auch auf der Liste der Berufserkundungen, doch die Tätigkeit im Rathaus interessierte ihn mehr. Seinen Start erlebt er in der Abteilung Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing, zu der auch Tourismus und Kultur gehören.
Und was sollen die machen, die nichts gefunden haben? „Weitersuchen und vielleicht einen größeren Weg einkalkulieren“, rät Heinrich Backes von der Ausbildungs-GmbH der Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein. In der Region von Kempen bis Dormagen gibt es noch 788 freie Ausbildungsplätze, darunter für Kaufleute, Chemikanten, Fachinformatiker, Mediengestalter oder Mechatroniker.
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten hat sogar 621 freie Ausbildungsplätze im Kreis Viersen gezählt, darunter 40 in der von ihr betreuten Branche. „Vom Süßwarentechnologen bis zur Chemielaborantin – die Lebensmittelindustrie bietet hochtechnische Berufe und vielseitige Perspektiven. Auch im Kreis Viersen haben Firmen jetzt noch freie Ausbildungsplätze rund ums Essen und Trinken zu vergeben“, sagt Regionalgeschäftsführer Karim Peters.
Im Vergleich zum Vorjahr wurden mehr Ausbildungsplätze gemeldet
Der Agentur für Arbeit Krefeld/Kreis Viersen wurden bis Ende Juli 3622 Ausbildungsplätze gemeldet, 418 mehr als im Vorjahr. Dem gegenüber stehen 3836 Jugendliche, die sich bei der Berufsberatung wegen eines Ausbildungsplatzes meldeten, 380 weniger als im Vorjahr. Rechnerisch kamen damit 94 Stellen auf 100 Bewerber. Ende Juli fehlte noch 1142 Jugendlichen ein Ausbildungsplatz.