Nettetaler braucht Stammzellenspender Roland Bellen sucht Stammzellenspender

Nettetal · Stäbchen rein – Spender sein. In Nettetal wurde das bei einer Typisierungsaktion nun Realität. Wie der Tag verlief und wie viele Menschen sich registrieren ließen.

Niklas und Rebecca Meerts sitzen mit ihren beiden kleinen Kindern an einem der Tische im Regenbogensaal der Pfarrgemeinde St. Lambertus in Breyell. Gespannt schauen die Kinder zu, was ihre Eltern da machen: Sie stecken sich nacheinander drei Wattestäbchen in den Mund, fahren sich eine Minute lang über die linke, dann über die rechte Wangeninnenseite und mit dem dritten Stäbchen noch einmal durch den gesamten Mund. Nun lassen sie die drei Wattestäbchen ein wenig trocknen und stecken sie anschließend in einen Briefumschlag. Einen formalen Teil haben die Beiden schon vorher mit ihrem Handy erledigt, haben persönliche Daten eingegeben und den Gesundheitscheck absolviert. Mit diesem fünfminütigen Einsatz beteiligen sich Niklas und Rebecca Meerts an der Typisierungsaktion, zu der Fabian Bellen aus Nettetal gemeinsam mit der DKMS, der Deutschen Knochenmarkspenderdatei, aufgerufen hat.

Die Wattestäbchen gehen an ein Labor, das die im Speichel enthaltenen Zellen untersucht und die individuellen Gewebemerkmale bestimmt. Wann immer der potenzielle Spender für einen Menschen mit der hochgefährlichen Krankheit Blutkrebs infrage kommt, weil seine Merkmale eine genetische Übereinstimmung mit einem Patienten oder einer Patientin aufweisen, wird er angeschrieben.

Wer weiß, vielleicht bekommen Niklas oder Rebecca Meerts bald schon Post von der DKMS und können versuchen, ein Leben zu retten. Vielleicht sogar das des Nettetalers Roland Bellen. Um ihn vor allem geht es an diesem Sonntagnachmittag in Breyell. Der 65-Jährige benötigt dringend eine Stammzellentransplantation. Seit dem letzten Jahr ist Roland Bellen an einer besonderen Form der akuten myeloischen Leukämie, einem Blutkrebs, erkrankt. Eine Chemotherapie, der er sich unterzog, hatte, so erzählt sein Sohn Fabian Bellen, nicht den gewünschten Erfolg. Zurzeit gehe es ihm ganz gut, seine Blutwerte seien stabil, aber er sei sehr angeschlagen. Dreimal wöchentlich wird Bellen in die Uniklinik Düsseldorf gefahren, wo er engmaschig untersucht und behandelt wird. Aber eins steht fest: Nur die Stammzellentransplantation bietet eine Chance auf Heilung.

Fabian ist einer von zwei Söhnen von Roland Bellen und beruflich als Notfallsanitäter tätig. Er hatte die Idee, auf die DKMS zuzugehen und eine Typisierungsaktion zu organisieren. Seit Januar liefen die Vorbereitungen. „Das ist alleine nicht zu stemmen“, sagt Fabian und kann sich glücklich schätzen, dass die Mitglieder der St.-Lambertus-Bruderschaft Breyell – Roland Bellen ist seit über 50 Jahren dort aktiv – und viele Freunde ihre Hilfe anboten. An zehn Tischen sitzen Helferinnen und Helfer und betreuen die Speichelentnahme der Spendewilligen.

Für Michaela Kox und Nicole Schmitz ist ihr Einsatz „selbstverständlich“. Die Krankenschwestern waren über 20 Jahre lang Bellens Kolleginnen. Bellen war bis zu seiner Rente Krankenpfleger am Krankenhaus in Nettetal. „Er ist nicht nur ein Kollege, sondern ein Freund“, sagen sie. Als die Typisierungsaktion organisiert wurde, war den beiden klar: „Wir helfen“. Sie haben Werbung gemacht, Flyer verteilt und Plakate weitergegeben. Natürlich sind die beiden Frauen auch selbst in der Spenderdatei der DKMS zu finden.

Gerade streicht Elke aus Brüggen die Wattestäbchen über die Wangeninnenseite. „Ich bin mit Rolands Frau Ulrike befreundet. Da ich mich immer schon mal registrieren lassen wollte, war das heute eine gute Gelegenheit.“ Sie hat sich vorab darüber informiert, was geschieht, wenn sie als Spenderin für Roland Bellen oder einen anderen an Leukämie erkrankten Menschen in Frage kommt. Dann wird entweder eine periphere Stammzellentnahme oder eine Knochenmarkentnahme durchgeführt. Peripher heißt, die Stammzellen werden aus dem Blut gewonnen. Das funktioniert ähnlich wie eine länger andauernde Blutspende. Die zweite Variante erfolgt über die Entnahme von Knochenmarkblut aus dem Beckenkamm unter Vollnarkose. 80 Prozent der Spenden aber werden über die Blutentnahme gewonnen.

Martha Hempel, 24, und Alexander Honsel, 25, sind sogenannte Volunteers der DKMS. Sie sind bei einer Typisierungsaktion direkte Ansprechpartner für Fragen aller Art. Martha Hempel durfte vor einem Jahr einem Erkrankten eine Knochenmarkspende geben. „Das war wie eine lange Blutspende“, erklärt die Biotechnologiestudentin. Um die Stammzellenproduktion anzukurbeln, wird vorher eine Hormonspritze gegeben. Die kann „leichte Grippesymptome“ verursachen, die sehr schnell wieder verschwinden. Für Martha Hempel und Alexander Honsel ist ihr sonntäglicher Einsatz „berührend und erfüllend“. „Zu sehen, dass ganze Fußballmannschaften vor der Tür stehen, um sich vor dem Spiel registrieren zu lassen“, sei etwas Besonderes, sagt Honsel.

Am Ende des Tages freuten sich die Organisatoren in Breyell über 254 neue Registrierungen.