Schwere Beute für Diebe
Ob Stromkabel, Regenrinnen oder Einkaufswagen – die Täter versuchen, alles zu Geld zu machen.
Kreis Viersen. Selbst Regenrinnen an Häusern sind vor ihnen nicht mehr sicher: Kupferdiebe greifen zu, wo sich ihnen die Gelegenheit bietet. Sie scheuen weder Aufwand noch Gefahr. Der "Lohn" sind vier Euro pro Kilo Kupfer.
Erst kürzlich haben Metall-Jäger erneut im Viersener Gewerbegebiet Mackenstein schwere Beute gemacht. Sie durchtrennten auf einer Baustelle Leitungen zwischen zwei Stromverteilerkästen und stahlen 250 Meter Kabel mit einem Gewicht von mehr als einer Tonne.
Überflüssiges, nicht zu Geld zu machendes Material ließen sie zurück, "schälten" noch vor Ort die Kabelummantelung ab. Der Schaden: mehrere tausend Euro. Die Täter: auf und davon. Ähnliche Einbrüche wurden in den Willicher Industriegebieten - unter anderem im Stahlwerke Becker - immer wieder registriert.
Beliebig viele weitere Beispiele ließen sich nennen, die den Einfallsreichtum der Diebe verdeutlichen und die Risiken zeigen, die sie einzugehen bereit sind. Da werden etwa Einkaufswagen gestohlen, die sich zu Geld machen lassen; da werden Erdkabel manipuliert, obwohl sie unter Strom stehen. Wöchentlich muss die Viersener Polizei ein bis zwei Kupferdiebstähle für die Stadt Viersen in ihre Statistik aufnehmen.
Detaillierte aktuelle Zahlen kann Kriminalhauptkommissar Hermann Hüpperling zwar nicht nennen. Dafür aber Erkenntnisse über "Brennpunkte" und Täter.
Die Diebe gucken gerne Firmengelände für ihren Beutezug aus, machen aber auch in Abriss- oder Rohbauten Beute. Dabei sind die "schwarzen Schafe" laut Polizei sehr oft Arbeiter auf den Baustellen - etwa Mitarbeiter von dort tätigen Subunternehmen.
Ihre Methoden sind der Polizei bekannt. So legen die vermeintlichen Kollegen bei einem Abriss zum Beispiel das anfallende Buntmetall unten in den Schrottcontainer, der dann mit dem nutzlosen Abfall aufgefüllt wird. Durch Kontakte zu entsprechenden Schrotthändlern machen die Diebe mit "getarntem" Material Geld. "Da gab es in diesem Jahr einen Fall, bei dem so 300 Kilogramm gestohlen waren."
Hüpperling kennt aber auch andere Maschen: So schafften Mitarbeiter auf Baustellen - aber auch in Firmen - Edelmetalle tonnenweise beiseite. Abholbereit würden sie am Rand des Grundstücks deponiert und in der Nacht weggeschafft.
Mit dem Stehlen alleine ist es für die Täter nicht getan, weiß Hüpperling. Das Material wird meist noch "bearbeitet". Wenn die Diebe etwa Rohlinge zerschneiden, damit auch garantiert niemand erkennt, was denn hier zu Messingschrott gemacht wurde.
Neben den "Dieben in Anstellung" nennt Hüpperling einen zweiten Personenkreis, den er allerdings nicht definieren kann. "Es gibt keine spezielle Tätergruppe. Meist sind es Arbeitslose aus der Drogen-Szene oder aus dem Milieu." Aber auch die so genannten fahrenden Schrotthändler hat die Polizei im Auge. "Da fällt vor allem auf, dass ihre Autos niederländische Kennzeichen haben."
Dass die Zahl der Diebstähle im Vergleich zum Vorjahr abgenommen hat, hat für Hüpperling verschiedene Gründe. So hätten etwa die geschädigten Firmen ihre Konsequenzen gezogen, würden genauer hinsehen.
Aber vor allem sei die Kooperation mit den Schrotthändlern im Bereich Viersen erfolgreich. Die sind angewiesen, sich die Personalien der Kunden geben zu lassen. "So können wir bei einem Verdacht über den Namen ermitteln", sagt der Polizei-Experte.
Viele Diebe geben ihre Ware allerdings nicht mehr in Kreis Viersen ab. Sie zieht es seit einigen Monaten vermehrt in den Richtung Neuss - bisweilen aber ohne Erfolg: Kürzlich wurden Männer von der Polizei kontrolliert. Der Grund für die Überprüfung: Den Beamen war aufgefallen, dass der Wagen überladen war - wie sich dann herausstellte mit schwerer Beute.