Schlossermeister aus Viersen Der Herr des Zeitstrahls

Viersen · Michael Poos hat aus 749 Stahlbuchstaben die Meilensteine in der Geschichte des Kreises Viersen gefertigt. Der Schlossermeister gehört jetzt zu den wenigen geprüften Restauratoren im Kunstschmiedehandwerk in Deutschland.

749 Stahlbuchstaben hat der Viersener Schlossermeister Michael Poos mit 2 600 einzelnen Schweißpunkten befestigt und damit zu den Sätzen auf dem Zeitstrahl ums Kreisarchiv in Dülken verarbeitet.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Die ganze Geschichte des Kreises Viersen, reduziert auf 24 Sätze: Ein Zeitstrahl ziert jetzt den breiten Holzsteg, der das neue Kreisarchiv am Ransberg in Dülken zur Hälfte umläuft. „Erzbischof Heinrich bezeugt Kempen als Stadt“, ist da zu lesen, oder: „Stiftungen an den Heilig-Kreuz-Altar Kaldenkirchen“. Eingebracht sind die 24 Sätze in die jeweils C-förmig gekanteten Cortenstahl-Profile.

Die Metallarbeiten hat der Viersener Schlossermeister Michael Poos geschaffen und jetzt fertiggestellt. Eine aufwendige Arbeit, die der Fachmann mit viel Freude durchgeführt hat. „Es war in diesem Fall nicht nur die Arbeit an sich. Es war hochinteressant, sich mit den vorgegebenen Sätzen auseinanderzusetzen, und zu recherchieren, was es mit den einzelnen Aussagen eigentlich auf sich hat“, sagt Poos.

Das schrittweise Schweißen, damit nichts krumm wird, die auf den Millimeter stimmende Einbringung der Löcher in die Bleche, wo später die einzelnen Buchstaben verdeckt geschweißt wurden – es war eine herausfordernde Aufgabe, die viel Zeit in Anspruch nahm. 749 Stahlbuchstaben wurden mit 2 600 einzelnen Schweißpunkten befestigt und damit zu den Sätzen verarbeitet.

Dass Poos in seiner Arbeit mehr als nur einen Beruf sieht, hat der Schlossermeister jetzt noch einmal unter Beweis gestellt. Mit über 50 Jahren hat er nochmals die Schulbank gedrückt und die Akademie des Handwerks Schloss Raesfeld im Münsterland für eine weitere berufliche Ausbildung besucht. Er absolvierte mehr als zwei Jahre ein berufsbegleitendes Studium und darf sich jetzt „Geprüfter Restaurator im Kunstschmiedehandwerk“ nennen.

„Ein Kollege aus Baden Württemberg hatte mich angesprochen und zu mir gesagt, so wie ich ticken würde, müsste ich den Restaurator machen. Dass ich mit über 50 Jahren dann wirklich noch einmal ein Studium starten würde, hätte ich eigentlich nicht gedacht, zumal ich ja bereits generell viel im Restaurationsbereich bearbeitet habe, weil es mich von je her fasziniert“, sagt der heute 54-Jährige. Mit 29 weiteren Kursteilnehmern der unterschiedlichen Gewerke, angefangen vom Steinmetz über den Maler und Lackierer bis hin zum Tischler, startete das Studium zunächst gemeinsam, um sich dann im zweiten Teil den fachspezifischen Gewerken zu zuwenden. Gerade einmal vier Schlosser aus ganz Deutschland besuchten den Kurs. Generell ist die Zahl der geprüften Restauratoren im Kunstschmiedehandwerk klein. Für das Studium zugelassen werden nur Meister oder Gesellen mit einer langjährigen Berufserfahrung. Zwei schriftliche Prüfungen sowie eine Projektarbeit samt mündlicher Prüfung, bei der es sich um ein Gespräch über die Projektarbeit handelte, beendeten das Studium.

Seine Projektarbeit, die sich mit der fiktiven Restaurierung einer schmiedeeisernen Grabumrandung einer Grabstätte in Mönchengladbach beschäftigte, umfasste dabei 140 Seiten. „Ich habe über ein Jahr daran geschrieben“, sagt Poos. Als er fertig war, habe er gar nicht mehr gewusst, was er denn nun mit seiner freien Zeit anfangen solle, fügt er schmunzelnd an. Wenn er auf das Studium zurückblickt, kann er feststellen, dass sich an den Grundtechniken, mit denen er immer schon gearbeitet und auch Restaurierungen durchgeführt hat im Prinzip, nichts geändert hat. „Aber trotzdem geht man nach dem Studium irgendwie anders an die Sache heran. Eine Originalsubstanz ist schnell zerstört. Wegmachen kann man etwas nur einmal. Man darf auch Restaurierungsspuren sehen. Die Geschichte eines jeden Denkmals darf am Denkmal ablesbar sein“, sagt der Meister und Restaurator.

Das Wichtigste sei es, ein Denkmal richtig zu beurteilen, seinen Bestand zu erfassen und danach ein passendes Restaurierungskonzept anzufertigen. Poos hat schon etliches restauriert. Dazu gehören unter anderem Zaunanlagen im Jugendstil, Wetterfahnen und Giebelspitzen. Konservieren und rekonstruieren liegen dem Viersener genauso am Herzen wie Neues zu schaffen. Die Arbeit mit dem Werkstoff Metall ist seine Welt. Das sieht man all seinen Arbeiten auf der ganzen Linie an.