Viersen hilft Kanew Viersener spenden viel für Ukrainer
Viersen · An diesem Mittwoch soll ein Hilfstransport in die Partnerstadt Kanew starten. Derweil laufen in den Rathäusern die Vorbereitungen zur Unterbringung von Flüchtlingen. Auch hier wollen Privatpersonen helfen.
(mrö) Während im großen Lager des Vereins „Freunde von Kanew“ am Dienstag immer mehr Hilfsgüter für Viersens Partnerstadt in der Ukraine abgegeben wurden, liefen in den Rathäusern im Kreis Viersen die Vorbereitungen für die Aufnahme von Flüchtlingen. Auch dabei wollen viele Bürger helfen. Bis zu 100 Menschen will der Mediziner Wolfgang Krüll aus Brüggen bei sich aufnehmen, kündigte er am Dienstag an. „Auch bei uns im Stadthaus gab es einzelne Anrufer, die Wohnraum zur Verfügung stellen wollen“, berichtete Stadtsprecher Frank Schliffke.
Am Dienstag tagte der erweiterte Verwaltungsvorstand in Viersen, um die Flüchtlingsfrage zu klären, die war auch Thema einer Videokonferenz des Städtetages. „Wir haben aktuell Platz für 208 Flüchtlinge“, erklärte der Stadtsprecher. Allerdings gehe die Stadt davon aus, dass die Situation sich grundsätzlich von 2015 unterscheiden werde, als Bürgerkriegsflüchtlinge busweise in Viersen ankamen. Wahrscheinlicher sei, dass einzelne Familien den Weg zur Verwandtschaft nach Viersen suchen würden. Rund 70 Ukrainer leben in Viersen. Dennoch: Am Dienstag wurde schon mal gecheckt, dass Bettzeug bereit liegt. Und: Die Stadt will einen Ansprechpartner benennen, der die Hilfe für Flcühtlinge koordiniert. Bis zum Dienstagnachmittag waren nach Angaben des Hilfswerks der Vereinten Nationen 677 000 Menschen vor der Gewalt in der Ukraine ins Ausland geflüchtet.
„Ich erlebe auf allen Ebenen ein ehrliches, mitfühlendes Interesse der Menschen und eine breite Bereitschaft zu Hilfe und Unterstützung“, sagte Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD). Sie hatte am Dienstag mit ihrem Amtskollegen in der Partnerstadt Kanew telefoniert. Er hatte die Viersener am Montag in einem Aufruf um Hilfe gebeten.
Die Menschen vor Ort
sind wegen der Kämpfe in Sorge
Auch wenn die 25 000-Einwohner-Stadt nicht beschossen werde, sei die Bevölkerung stark beunruhigt, berichtete die Bürgermeisterin aus dem Telefonat. Kampfhandlungen seien zu hören, die Menschen in Sorge. In Kanew sind rund 260 Flüchtlingsfamilien angekommen, berichtet Paul Schrömbges, Vorsitzender des Vereins „Freunde von Kanew“. „Die ersten Flüchtlinge wurden in einer Schule untergebracht, die ist mittlerweile voll. Jetzt wird gerade die zweite Schule für Flüchtlinge hergerichtet.“
Schrömbges steht im Lager des Vereins an der Viersener Straße in Dülken. Erst vor 14 Tagen war ein Lastwagen mit Materialien von Viersen aus nach Kanew gestartet und gut in der Partnerstadt angekommen. Jetzt ist das Lager wieder gut gefüllt. An diesem Mittwoch soll sich erneut ein Hilfstransport auf die Reise machen. „Ich habe um 5.45 Uhr angefangen“, berichtet Mammud Faruqi, der das Lager betreut. Seither kommen an diesem Dienstag ständig Leute vorbei, um Pakete abzugeben. So wie Gesa Poschmanns aus Süchteln. Die Kartons sind sauber beschriftet: „Mädchenkleidung, 116–128“ und „Jungenkleidung 146–168“. „Ich habe auch noch einen Schlafsack, den habe ich noch schnell gewaschen; aber der ist noch nicht ganz trocken.“
Der Schlafsack wird im Lager aufgehängt; ob er es auch in den Lkw schafft, ist noch nicht ganz sicher. Denn auch die Feuerwehren aus Krefeld, Mönchengladbach und Willich kamen vorbei, haben Sachspenden abgegeben. Das Allgemeine Krankenhaus (AKH) Viersen spendete medizinisches Material. Und auch bei der Viersener Feuerwehr stehen an diesem Dienstag palettenweise Hilfsgüter für den Transport bereit – mit feuerfester Bekleidung, Feuerwehrstiefeln, Winterjacken.
Es ist so viel Material, dass es gar nicht in den einen Lastwagen passen wird, den der Verein „Freunde von Kanew“ durch einen glücklichen Zufall organisieren konnte. Das ukrainische Transportunternehmen, mit dem der Verein zusammenarbeitet, hatte noch einen Lkw in Spanien, der eigentlich leer in die Ukraine zurückgefahren wäre. An diesem Mittwoch soll er nun Station in Viersen machen. An einem zweiten Lkw ist der Verein dran. „Aufwändig ist der Papierkram“, berichtet Valerij Eske. „Wir brauchen einen Passierschein von der ukrainischen Regierung, damit der Transporter durch Polen und die Ukraine fahren kann.“