Willich 10 000 Besucher feiern die „Welt der Narren“

38 Fußgruppen und Wagen verwandelten Anrath in eine kleine Karnevalshochburg.

Foto: Kurt Lübke

Anrath. Bei optimalen äußeren Bedingungen feierte gestern mehr als 10 000 Menschen den Tulpensonntagszug in Anrath. Nahezu pünktlich rollte die „Welt der Narren“ über die Straßen. Ganz vorne präsentierte Zugleiter Markus Herold das Motto, neben ihm im Auto assistierte seine Tochter Leonie (9). Es wurde zum Programm: „Endlich geht‘s ins Narrentreiben, ein Jeck will nicht zuhause bleiben.“ Dies dachten sich schon am Morgen über tausend Leute, die sich in Alt-Willich mit vielen kleinen Baggagewagen auf den Weg machten. Auch wenn einige davon an das Vorglühen zu ernst und intensiv rangingen, ließen sich davon die anderen Beobachter ihre gute Laune nicht verderben.

Gut drauf waren die Aktiven allemal. Und auch spendabel: Es gab Kamelle, jede Menge Möhren, Kekse oder Luftballons. Frauen einer Willicher „Wandertruppe“ überreichten sogar Blumen. Wohl als eine kleine Entschuldigung dafür, dass diesmal ihre Männer als Förster unterwegs und sich einig waren: „Was du heute kannst erlegen, brauchst du morgen nicht mehr pflegen.“

Die Jecken fühlten sich überall zuhause. Für die Fußballer von Viktoria war dies der Saloon, für die Anrather Jugendfreunde die Unterwasserwelt oder für die „Unverwüstlichen“ ein Dampfer auf dem Mississippi. Selbst die Aktiven der „Aach Blenge“ schipperten auf ihrer MS „Flöth Queen“ über den fast 3800 Kilometer langen Strom in den Vereinigten Staaten. Teilt man dies durch tausend, kommt man in etwa auf die Länge des Zugweges. Zählt man den Besenwagen der Gemeinschaftsbetriebe Willich und die Kehrmaschine von Schönmackers dazu, waren es 38 Fußgruppen und Wagen, inklusive der drei Kapellen.

Die Landsknechte des Fanfarenzuges Bockum, das Willicher Tambour- und Fanfarencorps der Sebastianer und das Musikcorps „Blau Weiß“ Bockum sorgten für die närrischen Tön. Natürlich gab es noch einige mobile Discos. So war das „Nä, wat wor dat dann fröher en superjeile Zick“ aus dem Wagen der Kehner Junggesellen zu hören. Die Jungs aus Vorst um den Vorsitzenden und Schützenkönig Jan Nössemes waren als Klosterbrüder und Nonnen unterwegs, dachten mit Wehmut daran, dass bald der katholische Pfarrer Ludwig Kamm aufhört. „Gibt’s bald keinen Pastor mehr im Gotteshaus, helfen wir gerne als Mönch oder Nonne aus“, so bot sich die Truppe an.

Einfallsreich waren viele Kostüme. Als Südstaatlerinnen präsentierten sich die „Unverwüstlichen“; in den Wäldern von Alaska war der erstmals mitmachende Freundeskreis der „Anrather Bürgerwehr“ zuhause, während eine andere Arbeits- und Narrengemeinschaft in ihren golden-schwarzen Kostüme gerade auf dem Weg zum Maskenball war. Donald Trump war ebenfalls da: Die Indianer der „Müttermafia & Co“ hatten ihn mitgebracht, allerdings aus Stoff an einem Marterpfahl hängend. Die Indianer waren auffallend blass, der Text erklärte: „Ein Bleichgesicht im Weißen Haus — Der Rothaut geht die Farbe aus . . .“

Stark wie immer die Gruppe der „Anroetsche Pappköpp“, die wie Edelweiß Willich maritim mitspielten, sogar wie Martin Wiegand oder Silke Momm, in einigen originellen weiß-roten Leuchttürmen steckte. Ihr Spruch: „Wenn Holland nicht wär´, läge Anrath am Meer.“

Teilweise waren Kind & Kegel dabei, waren die Fußgruppen zwischen 40 und 50 Personen stark. So die Anrather Jugendfreunde, die Schiefbahner Gesellschaft Torfmöps oder die Saunafreunde, die als Hippies Fürsprecher der freien Liebe waren; darunter der Präsident der St. Sebastianus Bruderschaft, Christian Lüpertz. Ein Willicher Prinzenpaar suchte man vergeblich. Stattdessen brachten die Clowns der katholischen Frauengemeinschaft ihr Dreigestirn mit: Prinz Andrea I. (Flatters), Bauer Maria I. (Tillmanns-Berger) und Jungfrau Agnes I. (Tillmanns).

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