15-Jähriger ist Schüler und Student zugleich
Benjamin Hänisch ist Schüler des St. Bernhard-Gymnasiums. Er kennt bereits die Atmosphäre eines Hörsaals.
Willich. Benjamin Hänisch pendelt seit einigen Monaten zwischen zwei Bildungswelten hin und her. Seine schulische Basis ist das St. Bernhard-Gymnasium in Schiefbahn. Der 15-jährige Willicher ist dort Schüler mit Fernziel Abitur 2014.
Einmal in der Woche ist er nicht im Klassenzimmer, sondern in einem Hörsaal der Heinrich-Heine-Universität anzutreffen. Dann ist der Zehntklässler aus Schiefbahn Schülerstudent in Düsseldorf.
Dass er sich zuweilen im Unterricht langweilte und im Frühjahr 2011 die Zahl der Ermahnungen durch seine Lehrer zunahm, weil der Junge in den Stunden störte, hatte nichts mit Schulmüdigkeit zu tun. Im Gegenteil: Benjamin fühlte sich unterfordert.
Vor einem Jahr tagte deshalb der Familienrat. „Wir haben überlegt, was man tun kann und drei Möglichkeiten abgewogen“, sagt Benjamin. Erster Lösungsansatz: „Binnenförderung“. Dabei sind Lehrer gefordert. Sie füttern den Schüler mit weiterem Schulstoff, lassen ihn mehr Referate schreiben.
Zweites Gedankenspiel: „Klasse überspringen.“ Das kam mit Blick auf den Doppeljahrgang nicht in Frage. Vorlesungen an der Universität — Gedankengang drei verfolgte der Teenager, googelte und entdeckte in einem Zeitschriftenartikel den Link zur Universität in Düsseldorf.
„Studieren vor dem Abitur — für besonders Begabte“: Voraussetzung dafür ist die Zustimmung der Schule und ein entsprechender Vermerk auf dem Zeugnis. Das St. Bernhard gab grünes Licht.
Die Anmeldung erfolgte zum Wintersemester 2011/12 samt Zeugnis, Empfehlungsschreiben und Wunschvorlesungen. „Zell- und Molekularbiologie — das interessierte mich“, sagt Benjamin, der sich erst einmal in dem großen Bildungsbetrieb orientieren musste. „So riesig hatte ich das alles nicht erwartet.“ 400 Leute passen in den Hörsaal. „Ich sitze immer im vorderen Teil in der Mitte. Da verstehe ich auch noch etwas, wenn das Mikro mal ausfällt.“
In der ersten Zeit ist er oft angesprochen worden: „Studenten wollten wissen, wo ich herkomme, wie alt ich bin und wieso ich da bin“, sagt Benjamin. „Die meisten von denen fanden das cool. Die Professoren haben mich gar nicht bemerkt.“ Benjamin hat sein zweites Semester fast hinter sich, legt nun bald seine zweite Prüfung ab. Nach Zell- und Molekularbiologie hat ihn im Sommersemester die Anatomie-Vorlesung im Bereich medizinische Physik gereizt.
Am St. Bernhard gefallen Benjamin die Rahmenbedingungen fürs Lernen eher: „Alles ist kleiner, überschaubarer, wir sind in der Klasse mit 30 statt mit 400.“ Fachlich schlägt die Uni aber die Schule: „Man geht einfach mehr ins Detail.“ Nach der Doppelherausforderung Schule/Studium freut Benjamin sich nun, dass Sommerferien sind. Das Vorlesungsverzeichnis fürs nächste Semester wird er aber auf jeden Fall durchsehen.