Anrath: Missbrauch bleibt unklar
Justiz: Die Vorwürfe gegen den ehemaligen Gefängnis-Pfarrer konnten am Dienstag nicht erhärtet werden.
Anrath. Eigentlich sollten Verteidigung und Staatsanwaltschaft ihre Plädoyers halten, dann sollte das Urteil gefällt werden. Dazu kam’s nicht. Im Prozess vor dem Krefelder Landgericht, bei dem es um möglichen sexuellen Missbrauch eines Häftlings durch einen Gefängnispfarrer geht, wurden am Dienstag Zeugen vernommen. Und auch nach diesem Verhandlungstag bleibt vieles weiter im Dunkeln.
Zur Erinnerung: Der ehemalige Anstaltsgeistliche des Anrather Knastes ist in erster Instanz verurteilt worden, einen Gefangenen missbraucht zu haben. Dagegen hat der Mann Berufung eingelegt. Am Dienstag ging’s hauptsächlich um die Vernehmung des Hauptbelastungszeugen. Der 32-Jährige, der nach eigenen Aussagen das Opfer der sexuellen Übergriffe ist, verwickelte sich in erhebliche Widersprüche.
"Soll ich so oder so aussagen?", war ein Spruch, den er bei der über dreistündigen Vernehmung immer wieder tat. Immer wieder betonte er auch, sich nicht erinnern zu können. Und immer wieder verstrickte der Mann sich in Ungereimtheiten - reagierte auch nicht auf Fragen.
Komplett die Aussage verweigerte der andere Belastungszeuge. Das ist der Mann, der lebenslänglich sitzt und für den Sicherungsverwahrung angeordnet ist. "Ich sage hier nichts", betonte er mehrfach. An und für sich hat er kein Recht auf eine Zeugnisverweigerung. Weil bei dem Mann Mittel wie Erzwingungshaft nicht wie Drohungen wirken, brach die Vorsitzende Richterin Kristin Kraft-Efinger seine Vernehmung nach einer Viertelstunde ab.
Die Anklage stützt sich in der Hauptsache auf die Aussagen der beiden Männer. Zumindest in der ersten Instanz waren Teile davon so glaubwürdig erschienen, dass das Gericht zu einer Verurteilung des Pfarrers gekommen war. Er erhielt acht Monate auf Bewährung. Dagegen waren sowohl er wie auch die Staatsanwaltschaft in die Berufung gegangen, der der Spruch zu milde war.
In dem momentanen Verfahren macht der Geistliche geltend, die Anklage sei ein Racheakt der beiden Häftlinge gewesen.
Das Bild, das sich das Gericht in der Vergangenheit von dem 32-Jährigen gemacht hat, ist düster: Der Mann befindet sich seit seinem 15. Lebensjahr auf der schiefen Bahn. Drogen, Diebstähle und Betrügereien brachten ihn immer wieder ins Gefängnis. Zudem wurde er schon als Kind von seinem Vater misshandelt und missbraucht.
Am 20. März soll weiter verhandelt werden.